Oldenburger STACHEL Nr. 244 / Ausgabe 8/03      Seite 4
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Drastische Streichungen bei Bildung

Wichtiger Rohstoff Niedersachsens wird "abgebaut"

In guter alter sozialdemokratischer Tradition schließt sich die christdemokratische Bildungspolitik der niedersächsischen Landesregierung an die der Vorgängerregierung nahtlos an. Es ändern sich nur die Buchstaben der Regierungspartei und aus Oppermann wird Stratmann. Die Inhalte, falls man sie denn so nennen kann, sind nach wie vor nur von Schlagworten und Vorurteilen geprägt.

Kein bildungspolitisches Konzept

Rechtzeitig zu Beginn der Prüfungswochen und der Vorlesungsfreien Zeit Mitte Juli hat die Landesregierung ihre geplanten Kürzungen im Bildungshaushalt des Landes konkretisiert. Nicht nur der Zeitpunkt wurde mit Bedacht gewählt, sondern auch die Vorgaben zu den Einsparauflagen. Die Landesregierung gibt den Hochschulen nur vor, insgesamt ca. 40 Mio. Euro einzusparen. Diese Zahl wird dann nur noch auf die einzelnen Hochschulen heruntergebrochen; bei der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg sollen ca. 2,4 bis 3,6 Mio. Euro jährlich eingespart werden. Die Umsetzung der Kürzungen ist jeweils den einzelnen Hochschulen überlassen.

Bei seinem (vorhersehbaren und recht langweiligen) Antrittsbesuch in Oldenburg sprach der Wissenschaftsminister Stratmann davon, daß der Sparzwang über allem stehe, er kein Konzept habe, die Zeit dränge und er aber alles für die Uni Oldenburg tun würde. Auf Nachfrage zu diesen Punkten gab er dann die Auskunft, daß die Zahl von 40 Mio. Euro mit dem Finanzminister ausgehandelt wurde und auch eine andere hätte sein können. Er schloß dann ein Plädoyer an, daß er als Oldenburger das Beste für die Uni tun würde und übergab an seinen Staatssekretär. Zu den anderen fragwürdigen Äußerungen sagte er nichts mehr.

Staat spart an der Zukunft

Die Landesregierung sucht nur einen Weg, nicht die Prügel für ihre Sparpolitik einstecken zu müssen; sie überläßt die Ausführung den einzelnen Hochschulen, die nun gegenseitig mit den Fingern auf die anderen zeigen und sich selbst zerfleischen. Bildungspolitisch ist diese Landesregierung offensichtlich handlungsunfähig. Eine geeignete Maßnahme wäre es, die Hochschulen endlich vernünftig auszustatten und ein zügiges Studium zu ermöglichen. Geld ist genügend da, es wird nur falsch ausgegeben. Investitionen in Kinderkrippen und -gärten, Schulen, Hochschulen und Bildungs- und sozialen Einrichtungen bringen eine Gesellschaft vorwärts und zahlen sich zukünftig aus.

Auswirkungen in Oldenburg

Neben dem hervorragenden Bildungspolitiker Stratmann haben wir hier an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg einen hervorragenden Präsidenten Grubitzsch, der schneller ausführt, als daß der Minister sparen kann. Schon Ende Juli gab er den Fakultäten bekannt, wie er sich die Einsparungen in Oldenburg vorstellt: Es sollen insgesamt 40 Stellen im wissenschaftlichen und 40 Stellen im nichtwissenschaftlichen Bereich gestrichen werden; Studiengänge in den Fächern Landschaftsökologie, Politik, Psychologie, Soziologie, Sport und Technische Bildung sollen geschlossen werden. Optional kommen Musik und Slavistik sowie eine Professur aus Chemie/Physik hinzu. Von den Fächern soll nur ein kleiner Teil für das Lehramtsstudium übrigbleiben. Gründe für diese Vorschläge gab er nicht wirklich an; es sind halt die Fächer, in denen zufällig als nächstes Stellen frei werden, die eingespart werden können. Nebenbei bemerkt, wird die Stelle des Präsidenten im Laufe des nächsten Jahres frei. Die Vorschläge setzen den Trend einer verfehlten Bildungspolitik fort. Von einem breitgefächerten Studienraum bleibt nur noch ein schmaler Korridor übrig; wer zur Seite geht, stößt sich den Kopf an der Wand.

Pädagogische Hochschule Oldenburg mit Leuchttürmen

Nachdem Präsident Grubitzsch mit seiner Neustrukturierung aus kleinen Fachbereichen große Fakultäten (so wie es schon früher war) gemacht hatte, streicht er nun die Fächer so zusammen, daß nur noch Lehramtsstudiengänge übrig bleiben (so wie es schon früher war). Dazu kommen dann noch einige sogenannte Leuchttürme, die Forschung und Lehre repräsentieren, die sich direkt zu Geld machen läßt. Wer so etwas zuläßt, lebt bildungspolitisch nur von heut auf morgen und vergißt dabei das Geld anzulegen, um von den Zinsen zu leben, die zum Beispiel die Human- und Gesellschaftswissenschaften bringen würden. Und da sag mir noch mal jemand, es gehe keinen Weg zurück ...

Stefan Kühnapfel

AStA-Sprecher an der

Carl von Ossietzky Universität Oldb.

Aktuelle Termine:

Sa., 30.8.: Kundgebung in Hannover zu den Bildungskürzungen um 13 Uhr; Vor der Abfahrt evtl. Kundgebung am Bahnhofsvorplatz (Flugis beachten).

Mi., 3.9.: Senatssitzung um 9 Uhr mit Aktion; um 14 Uhr studentische Versammlung (Flugis beachten).

 

 
  Differenzen zur gedruckten Fassung nicht auszuschließen. Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Siehe auch Impressum dieser Ausgabe und Haupt-Impressum