Oldenburger STACHEL Ausgabe 3/97      Seite 5
 
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Punkerverbot in "Chaostagen" rechtswidrig

Ein Richter der 17. Kammer des Verwaltungsgerichts München hat am 4.3. festgestellt, daß die Identitätsfeststel lung, die sich eine vermutete Punkerin von der Polizei unterziehen lassen mußte, rechtswidrig gewesen sei. Es habe keine konkrete Gefahr vorgelegen. Ebenso rechtswidrig sei das auf eine vermeintliche Allgemeinverfügung gestützte Betretungsverbot für bestimmte Müncher Bezirke gewesen (Aktenzeichen M 17 K 95.4600). Da auch Oldenburg einen eigenen Nachhall von Chaos- Tagen in Hannover erlebte, könnte das süddeutsche Urteil auch Nordlichter interessieren.

Die Münchner Vorgeschichte: Punker hatten nach Hannover auch "Chaostage" für das Münchner Oktoberfest angekündigt. Das städtische Kreisverwaltungsreferat entwarf daraufhin eine sogenannte Allgemeinverfügung, nach der auswärtigen Personen aus der "Punkerszene" für ein Wochenende das Betreten des Oktoberfestplatzes und der Fußgängerzone untersagt wurde. Eine Neunzehnjährige wurde dann wegen ihrer Rastalocken aus der Zuschauermenge einer Kundgebung herausgeholt, polizeilich überprüft und vor dem Betreten der City gewarnt. Dagegen klagte sie, um feststellen zu lassen, daß diese Behandlung rechtswidrig gewesen sei.

Im Lauf der Verhandlung stellte sich nun heraus, daß die "Allgemeinverfügung" niemals formell veröffentlicht worden war. Die Polizisten im Zeugenstand meinten, eine rechtswirksame Anordnung vollzogen zu haben - die aber gar nicht existierte. Allgemein mehr von Interesse ist jedoch die zusätzliche Bemerkung des Gerichts, daß der Begriff "Punk" beziehungsweise "Punkerszene" ohnehin keinen "bestimmbaren Personenkreis" eingegrenzt hätte, so wie es rechtlich vorgeschrieben wäre. Zumal nicht jeder, der wie ein Punk aussehe, auch gewaltbereit sein müsse. Wie weise und tiefschürfend diese Erkenntnis des Richters war, zeigte sich bei der Anhörung eines Streifenbeamten, der die Frage, was er sich unter einem Punk vorstelle, mit der Beschreibung eines Skinheads beantwortete.

(achim nach einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 5.3.97)


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