Oldenburger STACHEL Ausgabe 7/97      Seite 1
 
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Spaß(bad) beiseite

Es fiel schon schwer, das ernstzunehmen, was Herr Tober am 4. Juni dem Sportausschuß vorstellte: Auf dem Gelände des Huntefreibades soll ein riesiges Spaßbad entstehen mit allerlei Attraktionen wie "Action-River", einer großen Surf-Welle, einer besonderen Rutsche ("Master-Blaster") verschiedenen Saunen usw. Alles ganz schön, aber Herr Tober will dafür das vorhandene Nichtschwimmer-Becken des Huntebades in Anspruch nehmen und die vorhandenen Liegeflächen überbauen. So entsteht dann ein neuer Freizeitkomplex, der das derzeitige Schwimmerbecken des Freibades, den Spaß-Bad-Bereich und ein neues Hallenbad in einem Komplex vereinigt. Dadurch verspricht sich der Betreiber Kostenvorteile im Personalbereich, der Verwaltung und der Technik.

Das ehrgeizige Projekt wird jedoch nicht funktionieren, und zwar aus mehreren Gründen:

Der Betreiber rechnet mit durchschnittlich 300.000 Besuchern pro Jahr, das können an einem Tag bis zu 2.000 sein. Dafür stehen keine ausreichenden Parkplätze zur Verfügung. Der Betreiber verweist zwar auf die vorhandenen Parkplätze unter der Autobahn, diese sind jedoch schon jetzt zum großen Teil vollgestellt und außerdem als Park-and-Ride-Parkplätze vorgesehen. Würde das Monstrum tatsächlich gebaut, würde über kurz oder lang ein "Sachzwang" entstehen, einen Riesenparkplatz anzulegen. Es bliebe dann nur die Lazarus-Wiese auf der anderen Seite der Mühlenhunte, ein geschütztes Landschaftsschutzgebiet, an das sich bislang noch niemand heranwagt. Die Planung ist deshalb unehrlich, weil sie bewußt auf Strukturen setzt, die nach einer Vervollständigung drängen. Wer das Spaßbad an dieser Stelle haben will, soll gleich sagen, daß er das Landschaftsschutzgebiet an Anspruch nimmt, dann soll darüber entschieden werden, so oder so.

Wirtschaftlich gesehen ist das Angebot des Herrn Tober unseriös: Er verspricht zwar Eintrittspreise zwischen 16.- und DM 24.- pro Person für den Erlebnis-Bad-Bereich mit bzw. ohne Saunazuschlag und für den Bereich des 25 -m-Beckens zwischen 3,50 und DM 5.-, diese Preise sind jedoch unverbindliche Schätzungen. Der Betreiber wird sich auf diese Preise nicht festlegen lassen.

Der Betreiber gibt zwar an, daß städtische Personal des Hallenbades am Berliner Platz übernehmen zu wollen, will aber vertraglich õõ 613 und 613a des BGB ausgeschlossen wissen, die allein den Beschäftigten ihren sozialen Status quo garantieren würden.

Das Gelände, auf das der Investor ein Auge geworfen hat, gehört der Stadt und soll ihm für diesen Projekt geschenkt werden. Die Stadt habe ja auch Vorteile davon, weil die Attraktivität gegenüber dem Umland zunimmt, Besucher - und damit Kaufkraft - von außen in die Stadt gelockt werden, usw. Das ganze Bad soll dann aber einer Betreibergesellschaft gehören, die natürlich als GmbH organisiert wird, deren alleinige Gesellschaft Herr Tober und sein Kompagnon Dorsers sind. Eine solche GmbH wird mit einer Mindestkapitalsumme von 50.000.- DM gegründet. Dies ist auch das einzige Risiko, was Herr Tober und sein Mitstreiter tragen. Schon in der Planungs- und Bauphase werden sich die beiden Investoren von der GmbH persönliche Honorare für ihre Idee, Planung, Beratung usw. in Millionenhöhe vertraglich zusichern, so daß sie an der Sache schon beträchtlich verdient haben werden, bevor der erste Besucher die Riesenrutsche betritt. Dann gibt es für die Investoren zwei Möglichkeiten: Wenn das Projekt gut geht, und vom Markt angenommen wird, werden sie ordentlich verdienen, weil die Betreibergesellschaft ja ihnen gehört. Wenn das Projekt - im wahrsten Sinne des Wortes - "den Bach 'runtergeht", hätten sie im ungünstigsten Fall bei einem Millionenverdienst in der Planungsphase den Verlust von DM 50.000.-. Das jetzt gehörende Grundstück der Stadt würde den kreditgebenden Banken zustehen und die Stadt müßte die Entsorgungskosten der Investitionsruine zahlen. Außerdem wäre das vorhandene Nichtschwimmerbecken weg und das baufällige Hallenbad am Berliner Platz müßte dann doch mit eigenen Mitteln neu gebaut werden.

Zusammengefaßt: Das Konzept des Investors lautet: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Was täglich an unseren Schulen über die kapitalistische Gesellschaftsordnung gelehrt wird, daß nämlich Unternehmer Risiken tragen, kann bei Herrn Tober nur Hohngelächter auslösen, wenn sich die Stadt auf dieses Projekt einlassen sollte.

Der Sportausschuß hat mehrheitlich entschieden, das Projekt näher zu prüfen und aus diesem Grunde eine Dienstreise nach Herford am 2.7. angetreten. Dort befindet sich ein ähnliches Bad, zwei Monate vor der Fertigstellung. Was diese Reise soll, ist schwer nachzuvollziehen, da weder der laufende Betrieb noch die wirtschaftlichen Risiken für die Stadt Herford zu diesem Zeitpunkt absehbar sind, die Stadt vielmehr kurz vor der Fertigstellung des Spaßbades das Projekt aller Voraussicht nach in rosigsten Farben malen wird.

Es soll überhaupt nicht bestritten werden, daß für das technisch überholte und vom Energieverbrauch völlig unzeitgemäße Hallenbad am Berliner Platz ein Ersatz geschaffen werden muß. Es soll auch nicht grundsätzlich gegen ein Spaßbad polemisiert werden, solange eine Grundversorgung der Bevölkerung mit Freibädern und Hallenbädern zu bezahlbaren Preisen gesichert und garantiert ist. Will man beides kombinieren, müßte ein ganz anderes Konzept her, welches die öffentliche Hand auch am Gewinn beteiligt, der Stadt Sicherheiten bietet und das Eigentum an Grund und Boden vorbehält und das ganze an einem zentral gelegenen, ökologisch vertretbaren Standort plaziert.

Das Gelände am neuen ZOB wäre eine Möglichkeit.

Hans-Henning Adler


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