Oldenburger STACHEL Ausgabe 2/98      Seite 3
 
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Podiumsdiskussion Baumschutzsatzung

Stimmungsbaromether für 1. März

Als hätten wir es nicht schon immer geahnt, daß Oldenburg etwas besonderes ist! Jetzt hat es einmal jemand ausgesprochen: "Vergleichen Sie bitte unsere Stadt Oldenburg nicht mit anderen Städten", sagte CDU-Ratsherr Paul -Dieter Reck als Replik auf den Osnabrücker Grünflächenamts-Leiter Bernhard Schilling, der am 11. Februar im Veranstaltungssaal des PFL als einziger Auswärtiger auf dem Podium saß, um mit Vertretern aus der örtlichen Politik, Verwaltung und Bürgerschaft über Sinn und Unsinn der Baumschutzsatzung zu diskutieren. Das Protokoll vermerkt an dieser Stelle Heiterkeit (nicht nur) im Publikum, aber in die Lacher mischte sich auch ein gut Teil Selbstzufriedenheit und Zustimmung, denn wer ließe sich nicht gerne sagen, daß er etwas ganz besonderes ist.

Rund zweihundert Oldenburgerinnen und Oldenburger waren gekommen, um den Redewettstreit von Paul-Dieter Reck, Walter Lück (SPD) und Michael Thielemeyer (B 90/ Die Grünen), Umweltdezernentin Karin Opphard und Michael Schlesinger von der Initiative "Baumschutz ja – aber ohne Satzung" zu verfolgen, aber auch, um im zweiten Teil des Abends eigene Standpunkte und Meinungen vorzutragen.

Die Satzungsbefürworter waren auf dem Podium in der Überzahl, denn wenn auch Adolf Schröder als Diskussionsleiter bemüht war, seine Neutralität zu wahren, so ließ doch zumindest Prof. Dr. Götz Frank als Rechtswissenschaftler von der Universität Oldenburg durchblicken, daß er in den Paragraphen der Baumschutzsatzung – anders als die Satzungsgegner – keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Eigentumsrechte der Bürger erkennen könne.

Eigentum verpflichtet

Über dem Podium hatten die Veranstalter BINSE (Bürgerinitiative für Naturschutz und Stadtökologie) und VHS groß den Schriftzug "Eigentum verpflichtet – § 14 (2) Grundgesetz" auf eine Leinwand projeziert. Darauf bezog sich auch einer der Zuhörer später bei seinem Statement als Gegner der Baumschutzsatzung: Mit diesem Satz habe er keine Probleme, sagte er. Er sei im übrigen gegen die Satzung – aber nur, weil er Haus und Garten habe. Wäre dies anders, meinte dieser ältere Mitbürger, wäre er "wahrscheinlich" auch für die Baumschutzsatzung. So aber fühle er sich davon bevormundet, und er habe es – auch im Hinblick auf sein Lebensalter – nicht mehr nötig, sich über den richtigen Umgang mir der Natur belehren zu lassen, eine Haltung, die vor ihm auch schon andere engagierte Bürger vertreten hatten.

Da nutzte es auch wenig, wenn Karin Opphard, Walter Lück und Michael Thielemeyer von schwarzen Schafen und weißen Lämmern sprachen und dabei die schwarzen Schafe nicht unter den anwesenden Satzungsgegnern vermuteten, sondern (Thielemeyer) auf Baugesellschaften, Grundstücksmakler und auswärtige Investoren verwiesen.

Lokale Spezialität – BSS?

Für eine andere Aussage bekam Umweltausschußvorsitzender Thielemeyer viel Applaus: "Ich freue mich ja immer, wenn über Umwelt diskutiert wird", begann er sinnig, um dann fortzufahren "aber ich würde mir wünschen, daß mit gleicher Intensität auch über andere Themen wie Drogen und Arbeitslosigkeit diskutiert würde."

Fast wäre mensch geneigt, Paul-Dieter Reck ein Kompliment auszusprechen, dafür, daß er mit seinem eingangs zitierten Satz den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Denn welche Stadt außer Oldenburg leistete sich wohl sonst eine Diskussion über eine "Nebensache" wie die Baumschutzsatzung, die über fünfzehn Jahre hinweg mit solcher Intensität geführt wird, während andere Städte das Thema Baumschutzsatzung nach angemessener Diskussion abschließen, um sich an die Umsetzung derselben zu machen? Dies muß schon als eine örtliche Besonderheit angesehen werden. Weshalb der Satz von Reck wohl seine Berechtigung hat.

Zweifarbiger Hund?

Als der CDU-Ratsherr in gewohnter Manier seinem Kollegen Walter Lück von der SPD aufs Butterbrot schmieren wollte, daß die Sozialdemokraten hier brav im Kielwasser der Grünen schwimmen würden, konterte der, auf einen Parteitagsbeschluß verweisend, mit dem Bonmot, es sei mitnichten so wie Reck vermute, daß hier "der grüne Hund mit dem roten Schwanz gewedelt" habe. Aber auch als Michael Thielemeyer die Stadt Papenburg als eine der Städte heraushob, die eine Baumschutzsatzung haben, und dieses mit der Bemerkung garnierte, "und dort sind die Grünen wohl kaum in der Mehrheit, das ist tiefschwarz, Herr Reck", trug dies nicht zur Aufweichung der starren Fronten bei. Ebensowenig auch die Statements der Satzungsbefürworter, die in der Mehrzahl ethische Gesichtspunkte ins Feld führten.

Ruhe bewahren!

So blieb Adolf Schröder zum Abschluß nur die Frage an den Gast aus Osnabrück "Was würden Sie den Oldenburgern für den 1. März mit auf den Weg geben?" – Die Anwort fiel kurz aus: "Bewahren Sie bis dahin Ruhe", und –frei zitiert – freuen Sie sich auf das Jahr 1999, wenn Baumschutz (mit Satzung) für Sie etwas ganz Selbstverständliches und Gewohntes geworden ist.

Einen Appell zum Abschluß gab auch Adolf Schröder den Anwesenden mit auf den Weg: "Nehmen Sie Ihre vitalen Interessen als Bürger wahr und wählen Sie am

1. März in Fragen der Baumschutzsatzung richtig!"

tog


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