Oldenburger STACHEL Ausgabe 2/98      Seite 14
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Rauchen in der Öffentlichkeit

Die Rauchlobby hat erneut zugeschlagen. Als Schlag jedenfalls müssen alle diejenigen es empfinden, die unter den Auswirkungen schlechter Luft zu leiden haben. Oft sind es Menschen, die früher einmal geraucht haben. Sehr viel mehr - und viel leiser - haben jedoch Allergiekranke und Menschen mit der Erkrankung MCS - Multiple Chemical Syndrom - darunter zu leiden. Den Menschen mit MCS bleibt - sinnbildlich - die Luft sehr viel früher weg als anderen. Meist reichen geringste Konzentrationen von Substanzen oder Gemengen, um das Krankheitsbild zu aktivieren. Tabakrauch ist eine wichtige Auslösesubstanz. (Vgl. frühere STACHEL-Ausgabe ...: Ausführliche Informationen zu MCS. Sonst: Tel. 04407,424.)

Guter Wille reicht (leider) nicht

Viele Menschen, die rauchen, sind durchaus gutwillig. Sie fragen erst, bevor sie die Zigarette anzünden. In öffentlichen Bereichen jedoch ändert sich die Situation schnell. Wirkte es gerade eben noch nicht störend, kann sich im nächsten Moment bereits so ein "fieser" rauchsensibler Mensch nähern. Um den vorprogrammierten Streit zu beenden, muß die Grundforderung umgesetzt werden, daß vom Rauchen in der Öffentlichkeit keine Beeinträchtigung für andere Menschen ausgehen darf.

In vielen wichtigen Bereichen holpert die BRD hinterher

Dabei liegt der Trend der Zeit eindeutig für frischere Luft und gegen den öffentlichen Mief. Die Mehrzahl der Passagiere von Lufthansa (gerade auch viele Rauchende) beispielsweise wünschen rauchfreie Flüge, sodaß zukünftig das Rauchen beim Fliegen nicht mehr erlaubt ist.

Verbot der öffentlichen Tabakwerbung

Für die EU wurde gerade ein schrittweise umzusetzendes Verbot der öffentlichen Werbung beschlossen. Das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung. Dies nicht etwa deshalb, weil ich an die besondere Wirksamkeit von Verboten glaubte. Eine Information oder ein Verbot hat noch keine Süchtigen von ihrem für sie und andere schädlichen Tun abgehalten - wie viele Beispiele der Geschichte zeigen. Aber die feist grinsenden geheimen und offenen Verführer-inn-en sind symbolträchtig, weil sie eben gerade in der Öffentlichkeit zu verführen suchen. Damit wird es selbstverständlich, die Tätigkeit des Rauchens in dieser Öffentlichkeit auszuüben.

Bitte keine amerikanischen Verhältnisse

Es soll hier NICHT einem allgemeinen Verbot der Einnahme von Drogen - welcher auch immer - in der Öffentlichkeit das Wort geredet werden. Aber es darf nicht mehr selbstverständlich sein, in öffentlichen geschlossenen Räumen die Zigarette in den Mund u stecken. Da Süchtige hinsichtlich ihrer Sucht nur über eingeschränkte Selbstkontrolle verfügen, muß mit EINDEUTIGEN Regelungen geholfen werden. Den Süchtigen und den Mitleidenden.

Nicht gegen Drogen - Für Schutz!

Nochmal: Jede und jeder soll in einem freien Land das Recht haben, sich durch die Einnahme beliebiger Substanzen zu schädigen, wie es gerade gewünscht wird. Genau auch daran entscheidet sich, ob es Freiheit gibt oder nicht. Der Staat hat nicht die Aufgabe, durch Einziehen von Tabaksteuer gewissermaßen Schmerzensgeld zu verlangen und dies dann im Autobahnen- oder Wesertunnelbau gegen die Menschen zu mißbrauchen. Der Staat hat die Aufgabe, die Menschen aufzuklären über die Wirkungen der einzelnen Substanzen - denn nur bei genauer Kenntnis über die Wirkung kann eine Entscheidung als frei bezeichnet werden. Und der Staat hat darüber zu wachen, daß auch drin ist, was drauf steht. Letztlich hat der Staat zu verhindern, daß (geheime) Verführer an jeder Ecke zum Drogenkonsum werben. In diesem Sinne erfüllt der Staat BRD seine Aufgabe hinsichtlich Tabak und Alkohol nicht.

Nichterfüllung von EU-Bestimmungen

Es wurde bereits 1989 beschlossen, daß europaweit das Rauchen in öffentlichen Gebäuden verboten wird. Dies ist in vielen Ländern umgesetzt. In Frankreich war es bekanntermaßen mit intensiven Diskussionen verbunden. Heute findet die Regelung zunehmend Zustimmung. Es muß geprüft werden, inwieweit die erneute Nichtumsetzung dieser Europabestimmung nicht die Europaverträge verletzt - was möglicherweise teuer für die Steuerzahler-inn-en in der BRD wird.

Niedersachsen

In Niedersachsen wurde die Europabestimmung bereits im Mai 1991 umgesetzt. Im Minsterial- und Verordnungsblatt wird erklärt, daß Öffentliche Gebäude rauchfrei sind. Werden zulässige Ausnahmen eingerichtet, darf von diesen keine Beeinträchtigung der übrigen Bereiche ausgehen. Es wird Zeit, daß diese Regelung auch für alle anderen Territorien umgeetzt wird. Meine armen Atemwege können nämlich nur schwer verstehen, warum Eigentumsverhältnisse dafür entscheidend sein sollen, ob sie gequält werden dürfen oder nicht.

Ausblick

Ich freue mich darauf, mal wieder so richtig einen abzuhotten, ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen befürchten zu müssen, oder daß die Klamotten tagelang wie Hulle müffeln. Derzeit ist das auf die Sommerzeit und draußen beschränkt. Solange die Oldenburger Wirt-inn-en so unflexibel sind und sich dem Trend der Zeit verschließen, müssen sie nicht nur auf meine Kundschaft verzichten. Der Totstellreflex - nur nichts ändern - beruht auf Uninformiertheit. So wird befürchtet, die Kundschaft bliebe aus, wenn die Luft besser wird. Bei einer Umstellung wird es vielleicht Schwankungen geben. (Bei der Umstellung der Cafeteria der Uni vor einigen Jahren traten übrigens keine auf.) Jedenfalls ist vielleicht bekannt, wieviel rauchende Menschen derzeit kommen - aber wieviele bleiben weg, weil die Luft so schlecht ist? Ich bin sicher: Die Zukunft hat atembare Luft - in jeglicher Hinsicht. Es wäre schön, wenn alle ein wenig dazu beitrügen, daß es nicht so lange dauert, bis es soweit ist.

Gerold Korbus


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