Oldenburger STACHEL Ausgabe 3/98      Seite 4
 
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Ahaus, der Frühling und die Chaoten

Die meisten haben es wohl inzwischen mitgekrigt: Am 21. März ist Frühlingsanfang, und den Wetterfröschen zufolge stehen uns "heiße Tage" bevor. Besonders kräftig scheint die (Anti-Atom-)Sonne im Münsterland, wo zwischen dem 23. und 26. März ein Transport von sechs Casterbehältern ins Brennelemente-Zwischenlager Ahaus (BZA) erwartet wird.

1977, im gleichen Jahr wie Gorleben, wurde Ahaus als Atomstandort benannt. Im Sinne des "politischen Lastenausgleichs" war das Schicksal von Ahaus von Beginn an mit Gorleben verknüpft: Zum einen sollte mit der Benennung neben dem CDU-regierten Niedersachsen auch ein SPD-geführtes Bundesland wie NRW in die unbequeme Entsorgungsproblematik von Atommüll eingebunden werden; zum anderen wurde vertraglich festgelegt, in Ahaus erst dann einzulagern, wenn der Gorlebener Salzstock als geeignetes Endlager gesichert sie. Der "rtlichen Bevölkerung wurde überdies versprochen, nur Abfälle aus dem eigenen Bundesland einzulagern.

Während sich Gorleben seither zum Symbol in der Auseinandersetzung um die Kernenergie schlechthin entwickelte, blieb es in Ahaus lange Zeit relativ ruhig. Die dortige Bürgerinitiative beschritt hier vor allem, und durchaus mit Erfolgen, den Weg juristischer Auseinandersetzung. So konnte z. B. 1985 der im Jahre '84 begonnen Bau der Zwischenlagerhalle für drei Jahre gestoppt werden, bevor sie '89 fertiggestellt wurde. im Sommer '92 rollte dann der erste Transport. 305 Behälter stehen mittlerweile in Ahaus. Der Widerstand dagegen war nur schwach. Vor allem deshalb, weil es sich bei dem Atommüll um Brennstoffkugeln aus dem stillgelegten Thorium-Reaktor Hamm-Uentrop handelte. Um Transporte also, die nicht dem Weiterbetrieb von Atomanlagen dienten, sondern deren Abschaltung.

Frischer Müll

Dies soll sich jetzt ändern, wenn mit den jeweils drei Castoren aus Gundremmingen (Bayern) und Neckarwestheim (Baden-Württemberg) erstmals Atommüll aus laufenden AKWs eingelagert wird. Der Transport, der den Betreibergesellschaften in diesem Fall als Nachweis für eine "gesicherte Entsorgungsmöglichkeit" dient, wird derzeit im Kohlekraftwerk Walheim (bei Neckarwestheim) zusammengestellt. Erstmals werden sechs der neuen V52-Castoren verwendet, die jeweils 52 Brennelemente aufnehmen können, und damit dreimal soviel Atommüll wie die bisher verwendeten V19er.

Seit den vollmundigen Ankündigungen der Atomlobby, als Reaktion auf den kaum noch durchsetzbaren Gorleben-Transport im März '97, nun eben nach Ahaus auszuweichen, regt sich im Münsterland der Widerstand. Was vor einem Jahr auf der Landkarte der Anti-Atom-Bewegung noch fast ein weißer Fleck war, bereitet sich nun auf einen Tag X wendländischen Ausmaßes vor. Eine 20000köpfige Armee von Staatsdienern unter Leitung des grünen Polizeipräsidenten (NRW) Hubert Wimper wird das Ihrige dazu beitragen, den Castortransport wieder zum Medienspektakel Nr. 1 zu machen.

Vergessen werden sollte dabei aber nicht, daß der Widerstand, zu dem sich die wendländische Bevölkerung in zwanzig Jahren langsam aber sicher radikalisierte, in Ahaus längst nicht so verankert ist. Zwar spricht sich auch dort die Mehrheit gegen das BZA aus, doch ist bei weiten Teilen die Angst vor den "auswärtigen Chaoten" noch mindestens genauso groß. Die massive Polizeipräsenz, die seit Wochen das Stadtbild prägt, und dazu die entsprechenden Fernsehbilder von Feldschlachten und Bürgerkrieg könnten sich zu einem Bedrohungsszenario auswachsen, daß die Stimmung in der Bevölkerung leicht in die entgegengesetzte Richtung kippen l,ßt. Im Dienste eines auch zukünftig wachsenden, erfolgreichen Widerstandes heißt es also, sorgfältig zwischen kurz- und langfristiger Aktionseffektivität abzuwägen.

Mit dem Bus zur BZA

Der Bus zur zentralen Auftaktdemo am Samstag, den 21. März (Beginn 12 h am Hauptbahnhof Münster) fährt um 9 h ab Bhf Oldenburg. Plätze sollten unbedingt am Infotelephon reserviert werden. Ebenfalls unter dieser Nummer wird eine Mitfahrzentrale zu allen X-Tagen organisiert. (Menschen, die in ihren PKWs/Bullis Plätze freihaben, werden herzlichst ersucht, sich zu melden!) Ab Freitag, 20. März existiert im BI-Camp gegenüber dem BZA eine Oldenburger Anlaufstelle. Infotelephon Oldenburg 0441/9849905, Ahaus 02561/691799

Doris Brahms für OlgA


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