Oldenburger STACHEL Ausgabe 10/98      Seite 13
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

EWE - Eine will einnehmen

Ansichten einer Geldmaschine in X Akten oder: Was tun, wenn der Strom weg ist ?

Die Firma schleicht sich in immer weitere Kreise ein. Der STACHEL berichtete bereits 1995 von der Oldenburger Kinderbuchmesse KIBUM, auf der die EWE den Eindruck hinterließ, es sei ihre KIBUM. Ein seltenes Konstrukt ist auch die Oldenburger Verkehr- und Wasser GmbH VWG: So hat die EWE über ihre Wasserfirma zugleich den Fuß im Verkehrsgeschäft. Ins Abfallgeschäft will sie über die Müllverbrennung. Ist es noch nötig, zu erwähnen, daß sie gerade die Produktlinie Kommunikation eröffnet hat? Ach ja, ursprünglich hieß die Firma noch ausgesprochen "Energieversorgung Weser-Ems" - ein Name, der dort nicht mehr gerne gehört wird. Denn der Begriff Versorgung hat so etwas moralisches, etwas von Verantwortung. Doch soziale Verpflichtungen stehen dem besinnungslosen Geldeinnehmen entgegen. So heißt es heutzutage nur noch kurz "EWE".

Als Wardenburg noch keine "Ökogemeinde" war

"Die Gründung eines Energieversorgungsunternehmens (EVU) ist wie die Erlaubnis zum Geld drucken."

Mitte der 80er Jahre übergab die Gemeinde Wardenburg ihren Dukatenesel - die Lichtgenossenschaft - an die EWE. Kurze Zeit später zeigte die EWE, daß sie familiäre Bande zu nutzen versteht. Sie ließ den in Oldenburg wohnenden Sohn einer Wardenburger Familie anrufen, er möge sich verwenden, die zum Elternhaus führende Hochleitung entfernen zu lassen. Sogar den Beruf des Sohnes hatte sie vorher in Erfahrung bringen lassen. Das Wunschdenken der Firma: Es würde doch immer mehr Strom verbraucht, somit müsse die Leitung verstärkt werden. Die Verbrauchsdaten der Familie zeigten allerdings das Gegenteil. Der Dorn im Auge der Firma blieb. Vorerst.

Vertragserfüllung a la EWE

Mit der Übernahme des Wardenburger Lichtnetzes wurde von der Firma vertraglich die Verpflichtung eingegangen, das Service-Büro an der Huntestraße weiter zu unterhalten. Wegen "Fortbildung" des zuständigen Mitarbeiters ist dies über Jahre geschlossen. So heißt es auch für Kleinigkeiten: Auf nach Oldenburg.

Konzessionen

Nun obliegt die Verpflichtung zur Grundversorgung ursprünglich den Gemeinden. Diese bedeutet zugleich eine gute Einnahmequelle für die Kommunen. Stadt- oder Gemeindewerke sind also mehr als das "Tafelsilber" der Kämmerei. Wenn die Gemeinden Konzessionsverträge abschließen, Übergeben sie zugleich die Verantwortung für die Grundversorgung. Wie ernst es die EWE mit der Erfüllung dieser sozialen Verpflichtung meint, läßt sich bereits ahnen. Dabei hat die Gemeinde Wardenburg in der jüngeren Vergangenheit versucht, wieder eigene Gemeindewerke zu gründen. Dies scheiterte daran, daß der Gemeinderat mit knapper Mehrheit einen bereits gefaßten Beschluß wieder rückgängig machte. Ratsmitglieder mit familiären Bindungen zu MitarbeiterInnen der EWE enthielten sich nicht bei der Abstimmung.

Die alte Dame

mit 400,-DM Rente hatte einen Gasanschluß von der EWE. Dieser wurde seitens der EWE nicht gekündigt, jedoch beseitigt. Das geschah anfang der 90er Jahre. Damit es mit dem Geldeinnehmen weiter klappt, hat die Firma jedoch weiterhin monatlich 3,-DM berechnet. Die Firma weiß: Auch Kleinvieh macht Mist. Die alte Dame hatte den Krieg überstanden und hat sich auf Kohlenheizung eingerichtet. Das fiel zwar schwer, mit dem steigenden Alter immer mehr. Doch auch die 3,-DM hat sie ca. 5 Jahre brav überwiesen. Ist das ein Grund zum Schmunzeln? Wohl kaum, zeigt es doch vielmehr die Situation vieler alleinstehender älterer Menschen, die aus Angst vor Streit auch solche Willkür hinnehmen. Die Verantwortung liegt hier bei der Firma, die unordentliche Rechnungen zu ihrem Gunsten verschickte. Auch nachdem die Firma auf diesen Sachverhalt hingewiesen wurde, hat sie die zu Unrecht eingenommenen Gelder bis heute nicht zurückgezahlt.

Konsequenterweise

sollten im Gegenteil die Nachfolger der alten Dame für die Restaurierung des Gasanschlusses 1600,-DM als "Neuanschluß" berappen. Obgleich auch sie bereits in den Reigen mit den ungerechtfertigt geforderten 3,-DM einbezogen waren, ergo die Firma sie als VertragspartnerInnen akzeptiert hatte. Hier hat das Gewinnspielchen der Firma nicht geklappt. Gas allerdings fließt bis heute nicht - die Heizung des Hauses wird derzeit EWE-frei betrieben.

Ganz EWE-Land

hat keine Hochleitungen zu Häusern mehr, ließ nun anfangs diesen Jahres die Firma in ihrem Presseorgan, "unserem" Monopolblättle verlauten. Ganz EWE-Land? Da existierte doch eine Gemeinde in EWE-Land, in der gab es noch einen einzigen Mast. Kann denn so eine Firma so vergeßlich sein? Nein! Nach eigener Aussage hatte sie vor der Pressemitteilung schriftlich für Abhilfe gesorgt. Allerdings hat davon niemand anders erfahren. Auch die angebliche zweite Vertragskündigung im Juni 1998 zeugt allenfalls davon, daß der Firma das Adressenschreiben nicht so gut von der Hand geht.

An der willkürlichen Beseitigung

des Strommastes wollte sich die EWE auch durch zurückgekommene - weil falsch adressierte - Post nicht mehr hindern lassen. Der vernichtende Sturm anfang Juni 1998 war im Wesentlichen zwar an der Gemeinde Wardenburg vorbeigezogen und hatte dort im Vergleich zu Oldenburg lediglich marginale Folgen gezeigt - er wurde jetzt als Begründung herangezogen für "Gefahr im Verzuge". Dabei hatten Bäume auf dem gleichen Grundstück, welche die Bebauung weit überragten, keinerlei Folgen gezeigt. Der wesentlich kürzere Mast mit der wesentlich geringeren Windlast jedoch soll schwerstens beschädigt worden sein. Die Firma ließ ihn 10 Tage (!) später ohne jegliche Mitteilung an die HauseigentümerInnen einfach beseitigen. "Die werden schon merken, daß kein Strom da ist", so soll ein Mitarbeiter der Firma zu Nachbarn gesagt haben. Bleibt an dieser Stelle anzumerken, daß die Stromanlage nach dem Sturm auf private Initiative fachgerecht geprüft worden war, damit es keinerlei Risiko gibt!

Fast vier Wochen

dauerte die Auseinandersetzung mit der Firma, bis die Grundversorgung mit Strom wieder hergestellt war. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, daß es dabei nicht ums liebe Geld gegangen sein kann. Zum Zeitpunkt der willkürlichen Beseitgung befanden sich auf den Konten der Firma mehr der Märker von ihren KundInnen, als für 20 (!) derzeitige Monatsabschläge zu zahlen gewesen wären.

Leben ohne Strom

funktioniert nur, wenn mensch darauf eingerichtet ist. Licht, Kühlschrank, Fernsehen, Radio, Computer, die meisten Heizungen: Wenn der Strom weg ist, wird erst deutlich, wie weit die Abhängigkeit hiervon gewachsen ist. Damit das Gruseln begrenzt bleibt: Diese Veröffentlichung soll eher erreichen, daß das Bewußtsein hierfür steigt und wir uns für Alternativen entscheiden können, die uns von den Sprüchen der Energiewirtschaft wie "Strom ist Leben" unabhängiger bis unabhängig machen. Leben ohne Strom ist möglich. Besonders deutlich wurde dies bei der Antwort eines älteren Kurden: "Du hast einen Monat ohne Strom gelebt? Ich habe zwanzig Jahre ohne Strom gelebt!"

Schwerer Schaden

ist trotzdem entstanden, wie leicht nachvollziehbar sein wird. Die Menschen mußten sehr kurzfristig aus der Wohnung, um halbwegs den Alltag bewältigen zu können. Das bedeutet Kosten, Zeit, Wege. Dieser Schaden wurde der Firma in Rechnung gestellt, jedoch bislang nicht überwiesen - wie wohl zu erwarten war. Denn bei der Firma geht es nur um Geld. Und das gibt sie nicht gerne wieder her, wenn sie es einmal hat.

Deshalb, liebe Menschen:

Hütet Euch vor Abhängigkeit von der Firma!

Gerold Korbus


Impressum
Diese Veröffentlichung unterliegt dem Impressum des Oldenburger Stachel. Differenzen zur gedruckten Fassung sind nicht auszuschließen.
Nachdruck nur mit Quellenangabe, Belegexemplar erbeten.

 

 
  Differenzen zur gedruckten Fassung nicht auszuschließen. Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Siehe auch Impressum dieser Ausgabe und Haupt-Impressum