Oldenburger STACHEL Ausgabe 7/99      Seite 13
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Widerstand international: Innen(An)Sichten

Veranstaltungsreihe vom 4.–17. August

Für den August hat Patchwork zahlreiche internationale Gäste für eine Veranstaltungsreihe eingeladen: Widerstand international: Innen(An)Sichten ist eine Veranstaltungsreihe, die hinter die Kulissen von politischem Engagement schauen möchte. Sie fragt nach den Menschen, die tagtäglich unter schwierigen und oftmals auch für sie gefährlichen Umständen aktiv sind. Woher nehmen sie die Kraft und den Willen für ihr Engagement? Wie erleben sie die politische Situation in ihren Ländern, wo sehen sie Chancen für Veränderungen?

Mit der Veranstaltungsreihe möchte Patchwork versuchen, politische Analyse mit dem persönlichen Erleben der Aktiven zu verbinden, jeweils bezogen auf die Herkunftsländer der ReferentInnen: Serbien, Kosov@, Chile, Türkei, Norwegen, Indien, USA, Lateinamerika ...

Die Veranstaltungsreihe wird in enger Kooperation mit den War Resisters’ International (WRI – Internationale der KriegsdienstgegnerInnen) durchgeführt. Die WRI wurde nach dem Ersten Weltkrieg 1921 von Kriegsdienstverweigerern und AntimilitaristInnen gegründet, um gewaltfrei Widerstand gegen Krieg zu leisten. Die Grundsatzerklärung der WRI lautet: »Krieg ist ein Verbrechen gegen die Menschheit. Ich bin daher entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen und für die Beseitigung seiner Ursachen zu kämpfen.« Heute gehören mehr als 70 Organisationen in nahezu 40 Ländern der WRI an. Das Themenspektrum hat sich erweitert und geht weit über "klassischen" Antimilitarismus und Kriegsdienstverweigerung hinaus. Es umfaßt verschiedene Ansätze gewaltfreier Veränderung und des Empowerment.

Programmüberblick:

ÄGrafik: BRBIG.PCXÜ

Mittwoch, 4. August, 20.00 Uhr, tierra, Friedensplatz 3

Der Kosov@-Krieg: Innensichten

N.N., Aktivistin aus dem Kosov@

Bojan Aleksov, Frauen in Schwarz, Belgrad

Howard Clark, War Resisters' International, Spanien

Veranstaltung in Englisch mit deutscher Übersetzung

Die drei ReferentInnen werden von ihren Erfahrungen in Zusammenhang mit dem Krieg im Kosov@ berichten. Dabei wird es sowohl um ihre persönlichen Erfahrungen gehen, als auch um ihre politische Posititon:

Was bedeutet gewaltfreie oder antimilitaristische Politik vor dem Hintergrund dieses Krieges? Welche Freiräume können im Angesicht von Krieg und Gewalt, aber auch staatlicher Repression gegen Oppositionsgruppen, von Basisgruppen überhaupt noch genutzt werden? Welche Perspektiven gibt es für Basisinitiativen und die Zusammenarbeit von kosovo-albanischen, serbischen und anderen Gruppen für nach dem Krieg?

N.N. ist Mitarbeiterin einer kosovo-albanischen Gruppe, die sich am gewaltfreien Widerstand der KosovarInnen beteiligte und sich um Dialog mit serbischen Gruppen im Kosov@ bemühte. Derzeit ist leider noch nicht geklärt, wer aus dem Kosov@ an der Veranstaltung teilnehmen kann. Bojan Aleksov ist Mitglied der männlichen Unterstützergruppe der Belgrader Anti-Kriegs- und Oppositionsgruppe Frauen in Schwarz, die bereits seit 1993 vor allem gegen serbischen Nationalismus und Militarismus arbeiten. Er lebt derzeit in Budapest. Howard Clark war bis 1997 Mitarbeiter der War Resisters' International und des Balkan Peace Team, einem Projekt gewaltfreien Eingreifen mit Teams in Kroatien und – bis zum Beginn des Krieges – in Serbien (Belgrad und Pristina).

Sonntag, 8. August bis Dienstag, 10. August (Steinkimmen)

Das Antlitz des Militärs im Wandel

Internationales Seminar der War Resisters’ International

Die sich verändernden Aufgaben des Militärs seit Ende des Kalten Krieges haben für die Friedensbewegung neue Herausforderungen geschaffen, wenn es um die Ablehnung bewaffneter Gewalt geht. Das Militär hat ein neues, ‘menschlicheres’ Antlitz entwickelt, indem es humanitäre Einsätze unterstützt, friedenserhaltende Interventionen unternimmt, während und nach ökologischen Katastrophen Rettungsaktionen und Aufräumarbeiten durchführt, Drogenschmuggel und internationalen ‘Terrorismus’ zu seinen Aufgaben gemacht hat. All das macht es schwerer, Bewußtsein für die Gefahren des militärisch-industriellen Komplexes als Bedrohung von Frieden und Empowerment zu entwickeln.

Doch auf der grundsätzlichen Ebene hat sich nichts verändert. Das Militär ist immer noch eine dominante Kraft in der Gesellschaft, auf den Schutz der eigenen Interessen bedacht und in Gegnerschaft zu fortschrittlichen gesellschaftlichen Trends.

Das Seminar der WRI beabsichtigt, diese Veränderungen und Herausforderungen, die sich daraus ergeben, zu analysieren, und effektivere Strategien für die Reduzierung des Einflusses des Militärs auf nationaler und internationaler Ebene zu entwickeln.

Die Teilnahme am Seminar kostet inklusive Unterkunft und Verpflegung 300 DM. Seminarsprachen sind deutsch, englisch, französisch und spanisch. Während der Plenumssitzung steht Simultanübersetzung zur Verfügung, Arbeitsgruppen müssen sich auf Arbeitssprachen einigen. Kinderbetreuung ist gewährleistet. Weitere Informationen zum Seminar sind über Patchwork erhältlich.

ÄGrafik: DIKTAT.TIFÜ

Montag, 16. August, 20.00 Uhr, tierra, Friedensplatz 3

Widerstehen unter Diktaturen

Roberta Bacic, War Resisters' International, London

Serdar Tekin, Izmir Savas Karsitlari Dernegi, Izmir

Veranstaltung in Englisch mit deutscher Übersetzung

1973 putschte das Militär in Chile gegen die demokratisch gewählte Regierung des sozialistischen Präsidenten Salvadore Allende. Es folgten mehr als 15 Jahre Pinochet-Diktatur, mit Tausenden von Verschwundenen, mit Verhaftungen und Folter. In der Türkei putschte das Militär im September 1980 – bereits zum dritten Mal seit Gründung der türkischen Republik. Auch wenn das Land formal zur Demokratie zurückgekehrt ist, so bleibt das Militär die eigentliche Macht im Staate, und Menschenrechtsverletzungen – nicht nur im Zusammenhang mit dem Krieg in Kurdistan – Verhaftung, Folter und Verschwindenlassen sind alltäglich. Wie finden Menschen angesichts der Gefahr von Verfolgung und Tod die Kraft, Widerstand zu leisten? Wie können Lähmung und Angst überwunden werden, um zum Kampf gegen Unterdrückung und Gewalt zu kommen?

Roberta Bacic ist Chilenin und engagierte sich zur Zeit des Militärputsches innerhalb der Universität für Allendes Projekt gesellschaftlichen Wandels. Nach dem Putsch begann sie mit Menschenrechtsarbeit – Dokumentation über Folter und Verschwundene. Von 1990 bis 1996 setze sie diese Arbeit in der Wahrheits- und Versöhnungskommission fort.

Serdar Tekin ist Mitglied des Vereins der KriegsgegnerInnen Izmir, einer antimilitaristischen Gruppe mit überregionaler Bedeutung, die sich vor allem mit Kriegsdienstverweigerung in der Türkei beschäftigt.

ÄGrafik: WRIWOMEN.TIFÜ

Dienstag, 17. August, 20.00 Uhr, tierra, Friedensplatz 3

FrauenErfahrungen

Ellen Elster, FMK, Norwegen

Saswati Roy, Swadhina, Kalkutta/Indien

Joanne Sheehan, War Resisters' International, USA

Veranstaltung in Englisch mit deutscher Übersetzung

Frauen, die sich (friedens)politisch engagieren, sind zumeist auf zwei Ebenen aktiv. Neben ihrer konkreten politischen Arbeit, haben sie ständig auch mit patriarchalen gesellschaftlichen Strukturen zu kämpfen, die ihre Arbeit erschweren.

In der Veranstaltung kommen drei Frauen zusammen, die auf unterschiedliche Weise unter einem geschlechtsbezogenen Blickwinkel arbeiten. Sie werden von ihren persönlichen Erfahrungen berichten. Was bedeutet es für sie geschlechtsbezogen zu arbeiten? Sie werden jeweils aus ihrer Sicht darstellen, wie sich die Thematisierung der Geschlechterhierarchie in ihren Bereichen entwickelt hat, welche Herangehensweisen und Hindernisse es gab und gibt.

Ellen Elster ist Vorstandsmitglied der War Resisters' International und seit 25 Jahren in der Frauenarbeitsgruppe der WRI aktiv. Sie hat sich maßgeblich für die Integration feministischer Gedanken innerhalb der WRI eingesetzt. In den 80er Jahren hat sie sich mit den Zusammenhängen von Militarismus und Sexismus beschäftigt. Saswati Roy ist Mitarbeiterin von Swadhina (Unabhängigkeit), einer 1986 gegründeten Organisation, die Bewußtseinsbildung und Selbstorganisation von Frauen in ländlichen Regionen Indiens und den Slums Kalkuttas fördert. Joanne Sheehan ist Vorsitzende der War Resisters' International und aktiv in der Feminism and Nonviolence Task Force der US-amerikanischen WRI-Sektion War Resisters League. Sie versteht sich als Feministin und Pazifistin und arbeitet an der Verbindung beider Ideen. Andreas Speck

Kontakt: Patchwork, Kaiserstraße 24, 26122 Oldenburg, Tel.: 0441/17111, Fax: 2489661

email: patchwork@oln.comlink.apc.org http://www.comlink.apc.org/patchwork

 

 
  Differenzen zur gedruckten Fassung nicht auszuschließen. Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Siehe auch Impressum dieser Ausgabe und Haupt-Impressum