Oldenburger STACHEL Ausgabe 2/00      Seite 12
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Radio-Frequenzen für Oldenburg

Briefe zur Demonstration am 29.1.2000

Begleitet von der Sympathie vieler aktiver Frauen und Männer auch aus anderen Gruppen, mit Wohlwollen beachtet von Mitgliedern örtlicher Parteien wie SPD, PDS, OLLI, PDS, Grün-Links, besucht von zahlreichen jüngeren AntifaschistInnen, fand am 29.1.2000 in Oldenburg eine Anti-Nazi-Demonstration statt, zu der die Antifaschistische Aktion aufgerufen hatte.

Das Echo auf diese erfolgreiche Demo war in der örtlichen Monopolpresse weitaus größer als sonst - doch galt der Kommentar kaum der Veranstaltung, sondern einem heiß umstrittenen Randereignis: Die Veranstalter der Antifaschistischen Aktion hatten versucht, Reinhold Kühnrich aus der Demonstration herauszudrängen. Vorausgegangen war dem ein Vorwurf des sexistischen Verhaltens, der ebenfalls mit offensichtliche r klammheimlicher Freude in der NWZ ausgebreitet worden war.

Im Folgenden soll nicht der Sexismus-Vorwurf, zu dem u.a. eine Selbstkritik Reinhold Kühnrichs vorliegt, sondern der Versuch, ihm die Teilnahme an einer öffentlichen Demonstration zu verbieten, Gegenstand der Auseinandersetzung sein. Eine ausführliche Darstellung der gegensätzlichen Positionen fand bisher in keiner Oldenburger Zeitschrift statt. Der Stachel versteht sich als ein Forum, in dem solch ein Streit zwischen den Initiativen und politisch aktiven Gruppen ausgetragen werden kann und beide Seiten Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Uns waren mehrere Leserbriefe gegen den Demonstrationsausschluß zugesandt worden. Wir baten deshalb die Antifaschistische Aktion um eine Stellungnahme. Sie schickte uns die folgende Erklärung zu. Red.


Zur antifaschistischen Demonstration am 29. Januar in Oldenburg

Am 29. Januar 2000 organisierten wir eine Demo unter dem Motto: "Kein Raum für Nazis! Hoch die internationale Solidarität!" in der Oldenburger Innenstadt. Trotz des beschissenen Wetters kamen rund 500 Menschen, hauptsächlich von Schulen und aus der autonomen Szene, die mit der (letzlich) powervollen Demo ein deutliches Zeichen setzten. Ein deutliches Zeichen nicht nur gegen die Nazis, sondern auch gegen den sexistischen und rassistischen Mainstream, gegen dessen ProfiteurInnen, gegen die imperialistische BRD.

"Wir müssen endlich ein Klima schaffen, in dem sich jede und jeder frei bewegen kann. Eine Umgebung, in der keine Unterschiede nach Herkunft, Geschlecht, "Behinderung", Sexualität, Hautfarbe, ... gemacht werden. Dabei geht es nicht um das "Für-mehr-Toleranz"-Gerede, mit dem antifaschistischer Widerstand schön "friedlich" und "demokratisch" gehalten werden soll.

Es geht um praktische Solidarität, das heißt: Eingreifen bei Nazi-Übergriffen; eingreifen, wenn PolizistInnen mal wieder Junkies, MigrantInnen und Obdachlose kontrollieren und aus der Innenstadt vertreiben; eingreifen bei sexistischen Übergriffen; eingreifen bei Abschiebungen; ... dabei sind alle gefragt!" (aus dem Demoaufruf).

Der Rahmen der Demo war eindeutig.

Logischerweise gab es nicht die geringste Zusammenarbeit mit den Grünen oder der SPD, deren "antifaschistische" Floskeln angesichts der massenhaften Abschiebungen, des imperialistischen Krieges gegen Jugoslawien, des weiteren Abbaus erkämpfter, sozialer Rechte und des Ausbaus des Bullen- und Überwachungsapparates durch die rot-grüne Regierung wie purer Zynismus erscheinen.

Logischerweise dulden wir keine FaschistInnen, keine AntisemitInnen, kein RassistInnen, keine SexistInnen, keine MenschenschinderInnen- kurz gesagt: Niemanden, der/die sich über andere Menschen stellt! Auch in Zukunft werden wir (versuchen,) dies durchzusetzen. Die Wahl der Mittel diskutieren wir von Fall zu Fall.

Logischerweise werden auf der Demo keine Männer toleriert, die Frauen einschüchtern, sie bedrängen oder sexualisierte Gewalt gegen sie anwenden, und so eine Teilnahme von Frauen unangenehm bis unmöglich macht. Scheinbar muß an dieser Stelle noch einmal erwähnt werden, das für uns nicht das bürgerliche "Recht" der HERRschenden, sondern allein das Definitionsrecht der Frau bindend ist. Von diesem Grundsatz werden wir nicht abrücken! Nicht in unseren Zusammenhängen, nicht in unseren Zentren und auch nicht bei unseren Demos.

Nennt uns "totalitär" oder "stalinistisch" (R. Kühnrich), vergleicht uns mit dem faschistischen Hetzer "Reichspropagandaminister Goebbels", bezeichnet uns als (Hitlers?) "willfährige Vollstrecker"(H.-H. Adler) oder als "selbsternannte Tugendwächter (...) unter der Überschrift `Antifaschismus`"(ebenso)- wir scheissen drauf! Unsere Diskussionsbereitschaft hat Grenzen!

So radikal wie die Wirklichkeit,

Antifaschistische Aktion Oldenburg (16.02.00)


Erklärung

Auf einer gegen Faschismus und Rechtsentwicklung gerichteten Demonstration, die am Sonnabend, 29. Januar, in Oldenburg stattfand, wurde ich von einem Vertreter der Antifa aufgefordert, die unter freiem Himmel stattfindende öffentliche Kundgebung zu verlassen.

Weiter wurde mir angekündigt: "Wir haben auch andere Möglichkeiten, dies durchzusetzen." Selbstverständlich habe ich dennoch meine Rechte wahrgenommen und an der Demonstration teilgenommen.

Meine antifaschistische Überzeugung, der Respekt vor den Opfern des Nazi-Regimes und vor den Opfern der Neonazis, sowie meine ablehnende Haltung gegenüber Gewalt wird mich auch in Zukunft ermutigen, an Demonstrationen und Kundgebungen teilzunehmen. Die unverhohlene Androhung von körperlicher Gewalt mit gegenüber nehme ich mit Bedauern zur Kenntnis. Sowohl der betreffende Vertreter der Antifa als auch die Mitglieder der Vollversammlung des "Alhambra" sollen wissen, daß mit solchen Drohungen der Sache des Antifaschismus schweren Schaden zugefügt wird, weil die Gefahr besteht, sich auf die Ebene der politischen Gegner zu begeben.

Im übrigen lehne ich jede Form von Einschüchterung durch Selbstjustiz als Mittel der politischen und privaten Auseinandersetzung entschieden ab.

Reinhold Kühnrich


Zusatz

In Begleitung von Reinhold Kühnrich begab ich mich gemeinsam mit ihm zu der o.a. Demonstration. Bei der anfänglichen Auseinandersetzung befand ich mich bei ihm und stellte mich jedes Mal schützend vor ihn. Daraufhin wurde mir persönlich gesagt, "man hätte zwar nichts gegen mich, aber wir können auch anders mit Dir umgehen".

Freunde versicherten mit, daß sie während der Demonstration den Reinhold im Auge behalten werden, da ich aufgrund dieser Art von Drohungen nicht mehr in der Lage war, an der Demonstration teilzunehmen.

Ich möchte hier noch einmal kurz einige Passagen aus meiner Stellungnahme zitieren, die ich dem Alhambra zukommen ließ und auf die ich bis heute keinerlei Antwort erhalten habe:

Ich habe seit vielen Jahren in "linken Zusammenhängen" auch und gerade in der Alhambra-Umgebung mitgearbeitet. Dabei sind mir viele Frauen und Männer begegnet, zu denen sowohl ich als auch Reinhold freundschaftliche Beziehungen entwickelt haben. In der "Szene" ist Reinhold mit all seinen Stärken und Schwächen "ganzheitlich" bekannt. Nach dem in dem anonymen Flugblatt erhobenen Vorwürfen gegen Reinhold war ich tief entsetzt und enttäuscht darüber, daß nur einige wenige Menschen aus dieser "Szene" bei mir nach einer Positionierung nachgefragt haben.

- Gilt die von mir geleistete politische Arbeit in diesen Zusammenhängen nichts mehr?

- Gibt es kein ideologiefreies persönliches Vertrauen zu mir, die ich seit vielen Jahren mit Reinhold Kühnrich gerne zusammenlebe?

- Werden zwischenmenschliche Beziehungen, die aus unserer Solidaritätsarbeit erwachsen sind, jetzt der Polemik und den Halbwahrheiten geopfert?

- Stehen schlecht recherchierte dogmatische Positionen jetzt in einem Teil der vermeintlich "undogmatischen Linken" gegen Erfahrungen und Solidarität, die in vielen Jahren durch gemeinsame Arbeit entstanden sind?

- Was für ein differenziertes oder undifferenziertes Bild hat die "Alhambra Szene" gegenüber Isgard Lechleitner und Reinhold Kühnrich?

Sicher hat sich auch schon in der "Alhambra Szene" das Zitat einer vermeintlich linken Aktivistin aus dem kurdischen Verein herumgesprochen, das ich zufällig von einem Freund erfahren habe. Nach diesem Zitat bin ich "die Blöde, die ruhig ausgenutzt werden kann".

Diese ausbeuterische und faschistoide Art der Menschenverachtung ist es schließlich, die durch die gleiche Person gegen Reinhold eingesetzt wird, der, unbestritten, und für mich ebenfalls verletzend, manchmal seine "Art der Offenheit" an den Tag legt und sich dabei auf Glatteis begibt, auf dem andere Männer sich anscheinend besser bewegen können. Aber ein Sexist, ein sexueller Bedränger, war nach meiner Erfahrung dieser Reinhold bei allen Grenzüberschreitungen, wenn es um Treue in der eigenen Beziehung geht, nie Sexuelles Bedrängen beginnt für mich dort, wo ein Mann beim Werben um Frauen keine Grenze akzeptiert, die die Frau setzt.

Wie wenig Vertrauen wird mir eigentlich in dieser Szene entgegengebracht, wenn ich bei so wichtigen Entscheidungen wie "Hausverbot für Kühnrich" nicht einmal offiziell um eine Positionierung gebeten werde, geschweige denn der Betroffene...

Wenn dann auch noch überlegt wird, "ihm die Fresse zu polieren", "ihn daran zu hindern, an Demonstrationen teilzunehmen, indem man sich vor unsere Haustür setzt", "ihn durch eine Gruppe bei Demonstrationen abzudrängen", so stelle ich fest, daß diejenigen, die solche Überlegungen anstellen, damit rechnen müssen, daß ich diesen Angriff auch als auf meine Person beziehe.

Ich erwarte eine Antwort, jedoch keine anonyme Antwort.

Isgard Lechleitner


Anmerkungen zu öffentlichen Versuchen, den Olli-Ratsherren Reinhold Kühnrich auszugrenzen

Die Vorgänge bei der Antifa-Demo "Kein Raum für Nazis" am 29.1.00 mit der über Lautsprecher verkündeten Aufforderung an den Ratsherren der Oldenburger Linken Liste (Olli) Reinhold Kühnrich, die Demonstration zu verlassen, geben Anlaß, sich über ein paar grundsätzliche Fragen des Umgangs untereinander - vor allem unter Antifaschisten - Gedanken zu machen:

Da wird einer öffentlich als "Sexist" bezeichnet, wobei zu prüfen wäre, was der Urheber dieser Äußerung darunter versteht und weiter wie das bei anderen wieder ankommt. Der Hunte-Report und die NWZ machten daraus "sexuelle Verfehlungen", die auch schon zu einem "Hausverbot" im Alhambra geführt hatten.

Was ist aber wirklich passiert, was ist denn der Tatsachengehalt dieser öffentlichen Brandmarkungen ? Fest steht bislang nur, daß sich Reinhold Kühnrich im letzten Sommer einmal einer jungen Frau aus dem AK Asyl zu nähern versucht hatte. Er hatte sie verbal "angebaggert" und auch mit der Hand am Kopf und wohl auch an der Schulter berührt.

Die junge Frau fand das nicht gut und hat das später auch gesagt. Reinhold Kühnrich hatte sich dann mehrfach entschuldigt. Das Verhalten des Mannes soll hier nicht etwa gebilligt werden. Es ist zu verurteilen. Aber was wurde daraus gemacht ?

Es ging schon los mit einem Beschluß des Alhambra-Plenums, der gefaßt wurde, ohne daß der Betroffene auch nur die Möglichkeit erhielt, dazu Stellung zu nehmen (im bürgerlichen Rechtsverkehr nennt man das "Anspruch auf rechtliches Gehör"), aus dem konkreten Verhalten wurde in dem vom Alhambra-Plenum gebilligtem Flugblatt dann gleich eine Art Lebensführungsschuld gemacht ("schon seit langem als Grabscher bekannt"), ohne daß auch nur ein zweiter Fall namentlich oder mit irgendwelchen Einzelheiten benannt wurde. So wurden aus ungeprüften Tatsachenbehauptungen Gerüchte. Wie man damit Politik machen kann, wusste schon der Reichspropagandaminister Göbbels, der sich offen zu solchen Methoden bekannt hatte ("irgend etwas wird schon dran hängen bleiben"). War erst mal einer so stigmatisiert, fanden sich natürlich bald willfährige Vollstrecker, die dann noch meinten, eins draufsetzen zu müssen, indem sie, weil sie gerade über die Macht des Mikrofons verfügten, ein "Platzverbot" für die Demo aussprachen und somit die Ausgrenzung der Person über den räumlichen Bereich des Alhambra hinaus ausweiteten. Es ist wie im Mittelalter, als jeder mit einem für "vogelfrei" Erklärten nach Belieben verfahren durfte. Wehe dem, der es dann noch wagt, so einen Übeltäter zu schützen zu wollen - und sei es auch nur wegen der Unverhältnismäßigkeit der Sanktion -, er wird dann sehr schnell mit der Tat selbst in Verbindung gebracht.

Das Verhalten der selbsternannten Tugendwächter und ihre maßlose Selbstgerechtigkeit firmiert dann auch noch unter der Überschrift "Antifaschismus". Dabei werden Methoden angewendet, die selbst totalitär sind und der Sache des Antifaschismus schweren Schaden zufügen. Ein Merkmal des Faschismus war nämlich, daß er bürgerlich-demokratische Normen außer Kraft setzte, so u.a. das Recht sich verteidigen zu dürfen, bevor man verurteilt wird. Dazu gehört auch die Achtung der Menschenwürde, die ein in der Öffentlichkeit an den Pranger Stellen ausschließt. Dazu gehört auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit, das bei jeder verhängten Sanktion beachtet werden sollte. Nun mögen ja diejenigen, die so gegen Reinhold Kühnrich vorgegangen sind, in bester anti- sexistischer Absicht gehandelt haben, der gute Zeck heiligt aber nicht die Mittel. "Ein Zweck, der unheiliger Mittel bedarf, ist kein heiliger Zweck" schrieb Karl Marx in seinem 1842 veröffentlichtem Aufsatz "Debatten über die Preßfreiheit".

Und noch etwas: Die Anti-Sexisten werden natürlich für sich reklamieren, mit dem, was "Hunte- Report" und NWZ daraus gemacht haben, nichts zu tun zu haben. Sie müssen aber bedenken, daß wir politische Auseinandersetzungen nicht im luftleeren Raum führen und diesen Zeitungen aus ganz anderen Gründen diese Angelegenheit doch sehr recht war, den ihnen verhassten Kühnrich jetzt eins auswischen zu können. Es muß auch bedacht werden, was andere unter "sexuelle Verfehlungen" verstehen, wahrscheinlich sexuelle Nötigung im strafrechtlichen Sinne. Das ist aber bis heute weder behauptet noch festgestellt worden. Was bleibt, ist eine schwere Rufschädigung gegen einen bekannten Oldenburger Linken und Antifaschisten, der häufig genug bewiesen hat, daß er sich für Diskriminierte und Ausgegrenzte einsetzt.

Hans-Henning Adler


Antifaschistische Demos gehören allen, die gegen Faschismus sind!

Keine/r hat ein Monopol auf antifaschistische Politik. Ausgrenzungen der Art, wie sie am 29.1. stattfanden, lehnen wir ab. Wir suchen die konstruktive Auseinandersetzung, auch wenn es um persönliche Verfehlungen geht. Solche Vorgehensweisen aber gefährden die Grundlage der politischen Zusammenarbeit. Antifaschismus braucht Mehrheiten!

Solidarität International, Gruppe Oldenburg


An alle mir noch bekannten linken Gruppierungen in Oldenburg

Kühnrich ein Sexist ??

Liebe Leute, seit August 1999 erfahre ich , wie einige Teile der Oldenburger Linken mit einer Verfehlung meines Freundes Reinhold Kühnrich umgehen.

Da ich häufig beruflich überregional tätig bin, habe ich leider nur noch wenig Gelegenheit, in Oldenburg in linken Zusammenhängen zu arbeiten. Aber als Mitbegründer der Oldenburger Linken Liste fühle ich mich dennoch betroffen von der Art und Weise, in der junge Nachwuchslinke völlig unreflektiert, zum Teil mit faschistischen Methoden, sich zum Oberhüter für Moral und politische Hygenie aufspielen.

Um es vorweg klar und deutlich zu sagen: Ich habe meinem Freund Reinhold deutlich im Sommer 1999 sagen müssen, daß er mit seinem Verhalten der jungen Frau gegenüber eine Grenze überschritten hat. Dafür hat Reinhold erheblich büssen müssen. Berechtigte Kritik von allen Seiten, aber leider auch von denen, die selber genügend Gründe hätten, über ihr Männerverhalten Frauen gegenüber nachzudenken. Es ist schon erstaunlich, wie viele linke Männer sich berufen fühlen, Reinhold Kühnrich wegen seines Fehlverhaltens als unbelehrbaren Grabscher und Sexisten zu bezeichnen.

Jetzt bauen sie sich schon mit der Androhung von körperlicher Gewalt auf ANTIFA - DEMO`s vor ihm auf, um den beistehenden Frauen zu zeigen, daß sie selber von jedem Verdacht erhaben sind, jemals in ihrem Leben sexistisch gedacht oder gehandelt zu haben. Der deutsche Michel läßt grüßen. Im Nachtgewand mit Zipfelmütze und Laterne stehen auch Teile der oldenburgischen Linken insbesondere aus der ANTIFA in dieser alten deutschen Tradition, immer mit dem Finger auf andere zu zeigen.

Reinhold Kühnrich soll aus allen linken Zusammenhängen isoliert werden, ist eine der zentralen Forderungen, die ich einem Flugblatt der ANTIFA im August 1999 entnehmen durfte. Recht so, hätte ich spontan gerufen, wenn es sich um die Ausgrenzung eines unbelehrbaren sexuellen Belästigers oder gar Vergewaltigers gehandelt hätte. Hier geht es aber um einen ganz normalen linken Durchschnittsmann, der einmal zu viel beim anbaggern vergessen hat, das nein von Frau nicht immer ein lautes deutliches Wort ist. Für dieses leisere Nein von Frau zur Anmache fehlt den meisten, auch linken Männern häufig die Sensibilität.

Wenn wir alle diese linken Männer aus politischen Zusammenhängen ausschließen wollten, dann wäre die Linke - das ist meine These - handlungsunfähig. Nun kann und darf diese Annahme nicht zum Freibrief für ein Scheißverhalten den Frauen gegenüber werden. Das sollte eigentlich nicht erwähnt werden müssen. Ich habe aber in meiner politischen Sozialisation, bei der ich von Feministinnen mehr gelernt habe, als von dogmatischen Alt-68ern , erfahren können, daß persönliches Verhalten und die politische Kultur unabdingbar miteinander verbunden sind. Links sein, bedeutet auch immer wieder dazu lernen, Fehler einzugestehen und sich um persönliche Integrität zu bemühen. Genau das zeichnet meinen Freund Reinhold Kühnrich aus, der für viele ein politischer Chaot ist, der aber häufig genug auch den Finger in die Wunden nicht nur des vermeintlichen demokratischen Rechtsstaates gelegt hat, sondern auch in klaffende, blutende Wunden der Linken. Er ist unbequem und etwas verrückt. Und er hat einen großen Fehler gemacht aus dem er auch viel gelernt hat. Kühnrich auszuschließen, ja sogar zu isolieren und ihn mit GESTAPO-Methoden sein Existenzrecht abzusprechen, ist politisch verwerflich und nimmt der Oldenburgischen Linken einen Exoten, der mehr demokratisches Bewusstsein hat, als die meisten Schreihälse, die ihm jetzt am liebsten die Gurgel durchschneiden würden.

Ich bitte alle, die in alter Tradition noch an Solidarität zwischen Linken glauben, diesen Anfängen eines Verfalls linker, demokratischer Kultur scharf zu begegnen. Die jungen, wilden Linken haben hier genau so einen Lernprozeß durchzumachen, wie Reinhold Kühnrich ihn aufgrund seines Fehlverhaltens schon gemacht hat.

Und eine letzte Anmerkung: Isgard Lechleitner als langjährige Partnerin von Reinhold in die Sippenhaft zu nehmen und ihre schriftlichen Bitten und Aufforderungen zu ignorieren, ihr lediglich hinter vorgehaltener Hand zuzurufen, daß man ja nichts gegen sie habe, ist deshalb höchst frauenfeindlich, weil Frau hier nicht ernst genommen wird. Ich würde gerne mit allen, die an der Spitze der Kampagne gegen Reinhold stehen, in einem solidarischen Streitgespräch begegnen wollen. Also, wenn ihr keine Angst vor der persönlichen Auseinandersetzung habt, dann kommt bitte auf mich zu.

trotzalledem mit solidarischen Grüßen Helmut Klöpping


Erklärung zum mißlungenen Versuch eines Demonstrationsverbotes

Die unterzeichnenden Gruppen haben aufgerufen, an der von der Autonomen Antifa Oldenburg organisierten Demonstration am 29.1.00 teilzunehmen.

Das gemeinsame Anliegen gründet in dem Wunsch, faschistischen Übergriffen Einhalt zu gebieten.

Im Folgenden der Text des Aufrufes zu der bezeichneten Demonstration:

"In letzter Zeit hat es in Oldenburg zahlreiche faschistische Übergriffe gegeben. Wir protestieren dagegen und rufen deshalb dazu auf, sich an der Demonstration zu beteiligen, die von der Antifaschistischen Aktion Oldenburg organisiert wird. ..."

Nach der Auffassung der unterzeichnenden Gruppen gehören das Recht auf politische Äußerung und einher die Demonstrationsfreiheit zu den unveräußerlichen Grundrechten.

Ausnahmen hiervon bedürfen strenger Maßstäbe.

Das Vorgehen auf der Demonstration am 29.1.00 läßt diese vermissen und findet nicht unsere Zustimmung.

Arbeitskreis Friedenswoche

Oldenburger Linke Liste

Arbeitskreis Asyl

Arbeitslosen-Selbsthilfe-Initiative Oldenburg (ALSO)

Deutsche Friedensgesellschaft -

Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. - Gruppe Oldenburg

DKP Oldenburg

MLPD Oldenburg

Die folgenden Gruppen kritisieren das Vorgehen ebenfalls, wollen jedoch nicht diese gemeinsame Erklärung unterzeichnen.

Sie werden eigene Erklärungen abgeben bzw. direkt an die Autonome Antifa herantreten.

Solidarität International - Gruppe Oldenburg

GrünLinks

SDAJ Oldenburg


 

 
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