Ausgabe 4/96 | Seite 13 | |||||
Oh Mann, der Du über MRT geschrieben hast,als Frau war ich zwar nicht Teilnehmerin des MRT-Infoabends am 14. 2. 1996, fühle mich aber trotzdem vpn Deinem Bericht über diesen Abend angesprochen. Zum einen, weil Du am Ende Deines Berichts ALLE Frauen aufforderst, Dich mit DIESEN Männern nicht allein zu lassen. Mit welcher Logik sollten sich alle Frauen mit Dir solidarisieren? Sind Frauen bei Dir automatisch emanzipiert, politisch links, kritisch... oder wie kommst Du darauf, daß Menschen ohne Schwänze sich mit Dir im Geiste eins fühlen müßten? Ich möchte mich als Frau von Deinem Aufruf zur Solidarität aller Frauen mit Dir gegen DIESE Männer (welch unmögliche Gleichmacherei hinter Deinen Ideen steckt!) hiermit deutlich distanzieren. Zum anderen fühle ich mich angesprochen, weil ich Teilnehmerin in einer nach denselben Strukturen arbeitenden Frauengruppe bin. Deinen Vorwurf, daß MRT unpolitisch sei, kann ich nicht nachvollziehen. Die Strukturen einer nach RT (radikale Therapie) arbeitenden Gruppe basieren auf einem humanistischen Menschenbild, das davon ausgeht, daß alle Menschen zunächst frei, spontan und positiv leben können und diese Möglichkeiten in jedem/jeder von uns steckten. Sie sind durch die unterdrückenden Gesellschaftsstrukturen jedoch häufig verschüttet. Das erarbeitete Konzept bietet Frauen wie Männern die Möglichkeit, die eigenen Gefühle und Kräfte wiederzuentdecken und somit auch neue Handlungsmöglichkeiten im Privaten wie Politischen zu erschließen. Daß mittlerweile nicht nur Frauen unter der ihnen vorgegebenen Rolle, die sie in der Gesellschaft zu übernehmen haben, leiden und nach anderen Entfaltungsmöglichkeiten suchen, sondern daß sich auch viele Männer nicht mit der für sie vorgesehenen Rolle (ein "richtiger" Mann zu sein) identifizieren können, ist inzwischen wohl kein Geheimnis mehr. Insofern ist es für Männer wie für Frauen der erste Schritt zur Veränderung, sich zu fragen, was sie denn eigentlich wollen, bevor sie in Solidarität mit "allen Frauen", wie Du es Dir wünschst, das "Patriarchat stürzen" können. Eine Frau
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