Wohlstandsmüll?

"Hereinspaziert! Hier wird der Wohlstandsmüll sortiert!" Unter diesem Motto besetzten am 5. und 6. Frebruar ca. 100 Arbeitslose für zwei Tage das Oldenburger Arbeitsamt. Wie in vielen anderen Städten der Bundesrepublik wehrten sich auch Oldenburger Erwerblose gegen zunehmende Schikane, Kontrolle und Leistungskürzungen. Genau an dem Tag, an dem in Nürnberg die neuesten Arbeitslosenrekordzahlen verkündet wurden, setzten sie ein Zeichen gegen die Politik der Bundesregierung, die nicht die Arbeitslosigke it, sondern die Arbeitslosen bekämpft.

Neueste Schikanen

Das letzte Ergebnis dieser Politik ist das gerade in Kraft getretene Sozialgesetzbuch, 3. Teil (SGB III). Nachdem die Bundesregierun g das Ziel der Halbierung der Arbeitslosigkei t offiziell aufgegeben hat, strebt sie nun offenbar die Halbierung der Arbeitslosenunter stützung und eine Verdoppelung der Schikanen und Kontrollen an:

* Die Zumutbarkeitsregelung (DAS WORT KURSIV BITTE) wird verschärft. Danach soll Arbeitslosen schon in den ersten sechs Monaten ihrer Arbeitslosigkeit eine deutlich schlechter bezahlte neue Beschäftigung zugemutet werden können. Nach einem halben Jahr soll das Arbeitsamt Arbeitslose mit der Drohung einer dreimonatigen Sperrzeit zur Annahme von Stellen zwingen können, bei denen mensch gerade noch soviel Lohn bekommt, wie er/sie vorher an Arbeitslosengeld bzw. -hilfe bekommen hat. Außerdem ist jeder Berufs- und Qualifikationsschutz abgeschafft.

* Abfindungen (kursiv bitte) können bis 75 % auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden.

* Die Möglichkeiten für ältere Arbeitslose (bitte ä.A. kursiv), die Dauer ihres Arbeitslosengeldbezuges zu verlängern, werden deutlich eingeschränkt.

* Nach einer Umschulung (das Wort bitte kursiv) gibt es keinen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr, sondern allenfalls für drei Monate ein Anschlußarbeitslosengeld.

* Arbeitslose Frauen (bitte kursiv) mit kleinen Kindern sollen ihren Unterstützungsan spruch ganz verlieren, wenn sie sich nicht für vermittelbar erklären. Konnte frau bis zum Jahresanfang noch für zwei Jahre Arbeitslosenhilfe beziehen, ohne sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen, muß sie jetzt jede zumutbare Arbeit, Trainings- oder Bildungsmaßnahme annehmen. Außerdem lädt das Arbeitsamt jetzt auch Personen ins Amt, die frau als Kinderbetreuun g für den Fall der Arbeitsaufnahme angegeben hat.

* Die "Arbeitsbereitschaft und -fähigkeit" von Arbeitslosen soll z.B. durch bis zu sechsmonatige Probearbeitsverhältnisse ("Eingliederungsvertrag") überprüft werden. In der Zeit wird kein Lohn, sondern nur Arbeitslosenunterstützung gezahlt. Gleiches gilt auch für bis zu dreimonatige Trainingsmaßnahmen.

* Auch wenn Arbeitslose zum Ernteeinsatz (bitte E. kursiv) in Feld, Wald und Wiesen verpflichtet werden, bekommen sie gerade noch einen Zuschuß zur Arbeitslosenunterstützung. Weigern sie sich, die gute Luft in Südoldenburg zu schnuppern, gibt es eine dreimonatige Sperrzeit.

* Die Mitwirkungspflichten (bitte Kursiv) werden für alle Arbeitslosen (a.A. bitte Kursiv) drastisch verschärft. So verliert mensch z.B. seinen Leistungsanspruch, wenn sie/er sich nicht rechtzeitig binnen drei Monaten beim Arbeitsamt zurückgemeldet hat. Auch müssen Arbeitslose die ganze Woche über, auch am Samstag, zu Hause erreichbar sein können, um die Post vom Arbeitsamt sichten zu können.

Die jahrelange Propaganda gegen die "Faulenzer" in der "sozialen Hängematte" und gegen die "Sozialbetrüger", aber nicht zuletzt die unaufhaltsam steigende Arbeitslosigkeit selbst hat viele Arbeitslose mürbe und still gemacht. Mit dem SGB III bekommen sie als "Quittung" noch einen kräftigen Hieb mit dem Knüppel. Auch werden diese Maßnahmen die Zahlen der gemeldeten (g. bitte kursiv) Arbeitslosen drastisch reduzieren. Diese Methode hat bereits in Großbritannien dazu geführt, daß sich die Regierung der angeblich gesunkenen Arbeitslosenzahlen brüsten konnte. Nur weitere Aktionen wie die am 5. Februar werden dieser Politik Einhalt gebieten können.

achim, nach einem Infoblatt der ALSO