Oldenburger STACHEL Ausgabe 2/98      Seite 16
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

In veritas caritas

Ich, Jürgen Saupe, wohne nun seit über 9 Monaten als trockener Alkoholiker im Don Bosco Haus 1.

Das Don Bosco Haus 1 ist eines von zwei Häusern, die unter der Leitung des Caritas Oldenburg alkoholkranken Menschen die Möglichkeit geben, sich unter Betreuung eine Basis zu schaffen, um in Zukunft ein suchtmittelfreies Leben führen zu können. Eine enorm schwierige Aufgabe, die sich der Caritas gestellt hat, und die höchste Anforderungen an die Betreuerin stellt." Das Don Bosco Haus 1 ist eines von zwei Häusern, die unter der Leitung des Caritas Oldenburg alkoholkranken Menschen die Möglichkeit geben, sich unter Betreuung eine Basis zu schaffen, um in Zukunft ein suchtmittelfreies Leben führen zu können. Eine enorm schwierige Aufgabe, die sich der Caritas gestellt hat, und die höchste Anforderungen an die Betreuerin stellt." Das Don Bosco Haus 1 ist eines von zwei Häusern, die unter der Leitung des Caritas Oldenburg alkoholkranken Menschen die Möglichkeit geben, sich unter Betreuung eine Basis zu schaffen, um in Zukunft ein suchtmittelfreies Leben führen zu können. Eine enorm schwierige Aufgabe, die sich der Caritas gestellt hat, und die höchste Anforderungen an die Betreuerin stellt.

Wichtiger Lernprozeß ...

Jeder suchtkranke Mensch hat in diesem Haus die Möglichkeit, etwas positives für sich zu tun. Der Wille und die Ehrlichkeit sich selbst gegenüber, zu entscheiden, wie groß meine Chancen sind, nach dem Auszug aus dieser WG ein gesellschaftsfähiges Leben, ohne Alkohol, führen zu können. Ein für mich sehr wichtiger Lernprozeß ist, mit der Realität zu leben und mich nicht selbst zu betrügen. Enttäuschungen tragen zu lernen und mir etwas sinnvolles im Leben zu schaffen. Die einfachsten Dinge sind es oft, mit denen ein Suchtkranker zu kämpfen hat, und die er erlernen muß.

Zu erkennen, daß es wichtiger ist, pünktlich die Miete zu Zahlen, als mir Sachen zu kaufen, die mir gefallen. Mich an die Vorgaben der Hausordnung zu halten, und mir nicht meine eigene Hausordnung zu basteln. Zu lernen, daß ich nicht im Mittelpunkt stehen muß. Nicht nur an mich denken, sondern auch auf die Hausgemeinschaft Rücksicht nehmen.

Mir keine Luftschlösser bauen und zum Beispiel der Hausbetreuerin etwas anderes vorleben, als ich es in der Realität tue. Selbst das erkennen, das geputzt werden muß, damit man nicht im eigenen Dreck umkommt. Das sind Sachen, die ein Suchtkranker neu erlernen muß.

Den eigenen Schweinehund bekämpfen und sich um Arbeit bemühen, und nicht, wie in der Auslebung der Sucht, den Tag und die Zeit verpennen. Trocken sein, jedoch nichts sinvolles tun, reicht nicht aus, um in Zukunft suchtfrei leben zu können.

... und große Probleme: ...

Eine ganze Menge Probleme gibt es in der Wahrnehmung der Gefühle, denn dort wird die Realität am meisten verdreht.

Ich als Alkoholiker bin nicht nur ein kranker und in meinem Verhalten fehlgesteuerter Mensch, sondern auch ein ganz schön kaputter Typ. In meiner Sucht habe ich genug Scheiße angestellt und ich will suchtfrei leben, damit ich für mich und andere Menschen berechenbarer und glaubwürdiger bin." Ich als Alkoholiker bin nicht nur ein kranker und in meinem Verhalten fehlgesteuerter Mensch, sondern auch ein ganz schön kaputter Typ. In meiner Sucht habe ich genug Schei e angestellt und ich will suchtfrei leben, damit ich für mich und andere Menschen berechenbarer und glaubwürdiger bin." Ich als Alkoholiker bin nicht nur ein kranker und in meinem Verhalten fehlgesteuerter Mensch, sondern auch ein ganz schön kaputter Typ. In meiner Sucht habe ich genug Schei e angestellt und ich will suchtfrei leben, damit ich für mich und andere Menschen berechenbarer und glaubwürdiger bin.

Das verlangt aber von mir, daß ich in diesem Haus mit offenen Karten spiele, und daran fehlt es oft. Ich selber habe noch eine Menge Probleme und muß mein Verhalten in einigen Bereichen verändern, damit ich ohne Suchtmittel leben kann.

... Kein sorgenfreier Urlaub!

Wer glaubt hier nur einen Platz zum abpennen gefunden zu haben oder dieses Haus dafür nutzt, sorgenfrei in den Tag zu leben, der wird über kurz oder lang wieder auf die Nase fallen und baut sich hier schon seinen Rückfall auf.

Sich nicht überschätzen, aber seine Fähigkeiten einsetzen und zu erkennen, das ich Verantwortung zu tragen habe und vieles, was ich tue, normal ist und keiner besonderen Streicheleinheiten bedarf, das sind alles Dinge, die ein suchtkranker Mensch erlernen muß.

Die Betreuung dieses Hauses ist keine leichte Aufgabe. Sechs "erwachsenen Männern", Menschen, die in ihrem Verhalten sich oft wie kleine Kinder benehmen, Wegweiser zu sein. Wegweiser, Betreuerin, "Freundin" und oftmals einzige weibliche Bezugsperson zu sein, erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen.

Aber notwendig und sinnvoll

Nach über neun Monaten kann ich ganz klar sagen, daß diese Einrichtung eine notwendige und sinnvolle Arbeit leistet. Ich hätte auf der Straße gelegen und nicht die Möglichkeit gehabt, mein Verhalten und mich zu verändern, um suchtfrei leben zu können. Natürlich stinkt mir auch einiges, und da muß ich noch lernen, meine Meinung zu äußern.

Obwohl es für mich auch wichtig ist, zu lernen, daß andere sich nur selbst schaden, wenn sie hier im Haus schon wieder beginnen, sich selbst zu betrügen, und zwei Gesichter zeigen. Problematisch wird es dann, wenn dadurch die Hausgemeinschaft betroffen ist, und die Hausbetreuerin ein total falsches Bild bekommt. Um das zu verhindern und anstehende Probleme zu besprechen, findet jeden Dienstag ein Gruppenabend statt. Dieser Gruppenabend ist "ußerst wichtig, denn nur so kann ein Fehlverhalten erkannt und beseitigt werden. Leider gibt es auch Mitbewohner, bei denen immer "alles in Ordnung" ist, obwohl ihnen das Wasser schon bis zum Hals steht, und somit der Griff zum Suchtmittel nicht mehr weit ist.

In veritas caritas - in Wahrheit Nächstenliebe oder Hilfe - bedeutet, das ich als suchtkranker Mensch mir nur helfen kann, wenn ich mir nichts vormache, keinen Selbstbetrug übe und immer darauf bedacht bin, die Realität nicht aus den Augen zu verlieren. Nur mit Wahrheit kann ich auch die Hilfe anderer Menschen anfordern und erwarten.

Hilfe zur Selbsthilfe wird hier vom Caritas Oldenburg angeboten, und jeder Suchtkranke hat in diesem Haus die Möglichkeit, etwas für sich zu tun. Ich wünsche mir, daß ich in der mir noch verbleibenden Zeit mein Verhalten in einigen Bereichen verändern kann und somit eine gute Chance für die Zukunft habe.

Ich habe durch und mit Suchtmitteln eine Menge Scheiße in meinem Leben angestellt und es wird Zeit, daß ich einen anderen Weg gehe. "Ich will!", daß ist meine Eingabe; die nötige Hilfe kann ich hier im Haus bekommen; somit hat diese Einrichtung für mich als Alkoholiker einen sehr hohen gesellschaftlichen Wert. Sie ist erforderlich für die Suchtkranken, die ein "neues" Leben beginnen wollen. Wir zahlen Miete, müssen für Essen und Trinken selber sorgen und bekommen nichts geschenkt.

Ganz interessant ist es, zu erkennen, wie mann zum Männlein wird, jeder sich für den schönsten und besten "Mann" hält, nur weil eine nette Frau das Haus betreut. Das ist aber total normal, zumal ich sowieso der schönste bin. Am Ende sei gesagt, das wir zwar eine Randgruppe der Gesellschaft sind, aber alles dafür tun, um wieder in der Mitte stehen zu können. Gebt uns die Möglichkeit dazu.

js


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