Oldenburger STACHEL Ausgabe 3/98      Seite 1
 
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Stimmung im Wohlstandsmüll

Für den 2. Aktionstag der Erwerbslosen hatten wir uns in Oldenburg vorgenommen, die Deutsche Bank zu besetzen, so für eine Stunde etwa. In unserem Mobilisierungsflugblatt für das Arbeitsamt und das Sozialamt hatten wir Sozialhilfeberechtigte und Arbeitslose aufgefordert, am 5. März zu einer Protestversammlung ins Arbeitsamt zu kommen. Dort haben wir uns dann auch mit ca. 130 Leuten versammelt, Büchertische aufgebaut und tüchtig diskutiert. Auf einer Erwerbslosenversammlung im Arbeitslosenzentrum 14 Tage vorher hatten wir dies beschlossen. Die Aktion "Deutsche Bank" haben wir natürlich nur inoffiziell besprochen, damit die Aktion nicht gefährdet wird (Abriegelung durch Polizei o. ähnl.) Bescheiden waren wir wohl nicht, wenn wir vorher gegenüber den Medien nur von einer "spektakulären Aktion" gesprochen haben. Aber der "Also-Kem" und viele andere Erwerbslose und Sympathisanten waren im Bilde.( Nebenbei: Die Medienvertreter waren sichtlich neugierig und meldeten sich immer wieder, ob wir nicht wenigstens eine Andeutung machen konnten. Konnten wir überhaupt nicht.)

Weiter geht's: Nach einstündiger Protestversammlung gab ein Erwerbsloser die Parole Deutsche Bank aus. In diesem Moment wich die Spannung. Fast alle ProtestteilnehmerInnen formierten sich zu einem schönen Erwerbslosenmarsch Richtung Deutscher Bank. (Nebenbei haben wir fast 2000 Flugblätter zum Thema verteilt).

Vor der Deutschen Bank erwarteten uns eine geschlossene Tür, zwei Mitarbeiter mit Schlips und Kragen, ein paar besonnene ältere Polizisten (in den Seitenstraßen etc. war natürlich mehr Polizei, ich persönlich habe ein Rollkommando - ätzend- gesehen: Die Bankmenschen meinten, so gehe das nicht; wir könnten nicht einfach so in die Bank. Daraufhin erklang aus über 120 erwerbslosen Kehlen "Tür auf!" Dann entstand ein machtiges Geschiebe, und irgendwie war die Bank dann plötzlich voll mit Wohlstandsmull.

Wir haben >Peanuts< verteilt und natürlich Flugblätter an die Beschäftigten, von wegen Solidarität zwischen Noch-Beschäftigten und Erwerbslosen. Auch wurde eine hervorragende Rede gehalten zu den Schweinereien der Deutschen Bank. Unsere Flugtickets in die USA und unseren Anteil an den Gewinnen der DB haben wir leider nicht erhalten.

Die Stimmung im Wohlstandsmüll war gut, wir sind dann nach einer Stunde freiwillig gegangen. Zuvor haben wir uns aber mächtig beschwert: Die DB sei eine Scheiß-Bank, erst Versprechungen machen (Flugtickets in die USA) und dann nicht einmal Kaffee/Tee und Brötchen servieren. Keine gute Empfehlung! .

Anschließend haben wir noch mal schnell zwei Kreuzungen für 14 Minuten (ist "erlaubt") blockiert und sind dann ins Arbeitslosenzentrum zurückgekehrt. Hier haben wir dann mit immerhin noch ca. 50 Leuten Kaffee und Tee getrunken, endlich ein Brötchen gegessen sowie das weitere Vorgehen andiskutiert.

Am 23. März findet um 20 Uhr in den Räumen der ALSO, Kaiserstraße 19, die nächste Erwerbslosenversammlung zur Vorbereitung des 3. Aktionstages am 7. April statt.

Ernst

PS: Das Flugblatt zur Deutschen Bank und der Redetext in der Deutschen Bank können bei der ALSO angefordert werden, nicht telefonisch, sondern ausschließlich gegen mit Anschrift versehenem Briefumschlag und aufgeklebten Briefmarken im Wert von 2,20 DM.


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