Oldenburger STACHEL Ausgabe 4/98      Seite 14
 
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Der frühe Castor dämpft den Sturm

Ob im Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen abergläubische Menschen arbeiten, die einen Transport in der 13. Kalenderwoche vermeiden wollten, oder ob schlicht und einfach die "Mobilisierungsgeschwindigkeit" der Atomkraftgegner getestet werden sollte, ist nicht ganz klar. Jedenfalls ging die Taktik des Innenministers Kniola auf: eine zu erwartende große Demonstration, die eines entsprechend aufwendigen Einsatzes der Polizei bedurft hätte, wurde vermieden. Die Castorbehälter kamen ohne nennenswerte Verzögerungen im Zwischenlager Ahaus an. Keine der von den Medien sehnsüchtig erwarteten, spektakulären Bilder bekam die Öffentlichkeit zu sehen.

So glatt der Transport auch über die Bühne ging, zwei Auswirkungen hatte er doch:

- zum einen ist die sogenannte Zwischenlagerung wieder Thema der Poitik. Wie schon ein Jahr zuvor nach dem aufwendigen Transport nach Gorleben wird wieder über Sinn oder Unsinn solcher Müll-Fahrten quer durch die Republik diskutiert. Wir dürfen gespannt sein, welche Konzepte die Parteien in diesem Wahlkampfjahr anbieten. Und nach der Wahl kann der Energiekonsens erneut angegangen werden - zeitgleich zu dem schon jetzt angekündigten nächsten Transport Ende des Jahres.

- zum anderen der Erfolg des gewaltfreien Demonstrationskonzeptes "X-tausendmal quer". Ohne Ablenkung durch gewalttätige Gruppen wurde auch in den Nachrichten der friedliche Charakter dieser Form des Widerstandes deutlich. Und so friedlich er auch ist, durch die immer größer werdende Zahl der Teilnehmenden stellt er dochein immer größeres Hindernis für die aktuelle Atompolitik dar.

Es ist nicht mehr möglich, gegen diese Sitzblockaden mit Wasserwerfern und Schlagstöcken vorzugehen. Das einzig vertretbare Gegenmittel der Polizei ist das arbeitsintensive Wegtragen der Demonstrierenden. Das wird in Zukunft, wenn die Menschen rechtzeitig im Weg sitzen, zu spürbaren Behinderungen führen.

Auch wenn dieser Transport nicht verhindert werden konnte und auch noch so manch einer sein Ziel erreichen wird, der Widerstand der Bevölkerung wächst. Es ist ein ermutigendes Zeichen, daß er sogar in solch unrebellischen Orten wie Ahaus erwacht ist. Einem Städtchen, das bisher gut von den Zuwendungen der Entsorgungsindustrie gelebt hat. Und damit steigt die Chance, daß ohne eine grundlegende Änderung der Energiepolitik Castortransporte zu teuer werden.

Und noch eines hat der "erfolgreiche" Transport gebracht: die notorischen Hau-drauf-Bullen, anders sind sie nicht zu nennen, fielen diesmal sogar der Einsatzleitung auf, ja sie waren sogar die einzigen, im Fernsehen sichtbaren Gewalttätigen. Ein kleiner Trost für alle, die schon bei den letzten Demos unter diesen "gewaltbereiten Gruppen" der Polizei leiden mußten.

CH


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