Oldenburger STACHEL Ausgabe 4/98      Seite 6
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Wer nicht fragt, bleibt dumm (und wird ausgebeutet)...

Wie man durch bloßes Nachfragen viel Geld sparen kann, möge die folgende Geschichte von der 27jährigen Studentin Lina K. 1) erzählen, die sich in ihrem Studienort Altenschloß zugetragen hat.

Am Abend des Freitags, 27. März, fand sie einen Brief von der ILK ("Ihre Lieblings-Krankheitskasse") in ihrem Briefkasten. "Leider können wir sie ab dem 1. April nicht mehr zum Studententarif krankenversichern, weil Sie nach unseren Unterlagen Ihr 14. Semester vollendet haben oder bereits 30 Jahre alt sind. Wir bieten Ihnen eine freiwillige Versicherung zum Minimaltarif für Nichtverdienende, was Sie 200 DM 2) monatlich kosten wird. Sollten Sie sich gerade im Examen befinden, bieten wir Ihnen ein Semester lang eine Versicherung für nur 160 DM 2) an." Anbei fand sie ein Formular, in der ihre Daten eingetragen und das Feld "Examenskandidat" bereits angekreuzt waren. Etwas verwirrt setzte sie sich erstmal. Dann zählte sie an den Fingern der linken Hand ab, wieviele Tage sie noch versichert sein würde: eins, zwei, drei, vier,... ganze vier Tage! Dazwischen das Wochenende, auf das sie sich gefreut hatte, denn den ganzen Tag als Fahrradkurierin durch die Stadt zu gurken, schlaucht ganz schön. Sie fragte sich, wann sie sich bei anderen Krankenkassen nach deren Tarifen erkundigen könnte, da eigentlich gerade noch Zeit bleibt, die Einzugsermächtigung auf dem Wisch schnell zu unterschreiben und zurückzuschicken. Und was bedeutet eigentlich diese Examensgeschichte? Woher wollen die wissen, ob ich mich im Examen befinde? Sie entschloß sich, am Montag bei "Ihrer Lieblings-Krankheitskasse" nachzufragen und sich zuerst zu überlegen, wie sie die zusätzlichen 120 DM pro Monat finanzieren soll.

Der Montag kam und mit ihm die Aufklärung, daß sie auf jeden Fall für ein Semester den Examensstudenten-Tarif in Anspruch nehmen kann. Sie beklagte sich bitterlich, daß nicht deutlich im Brief geschrieben steht, unter welchen Bedingungen sie Examenskandidatin ist. Was ihr ebenfalls völlig gegen den Strich ging, war die Tatsache, daß sie erst vier Tage vor Ablauf der Versicherung davon informiert wurde. "Versucht die ILK auf diese Weise, mich an sich zu binden? Ist eine so kurzfristige Information überhaupt rechtens?", fragte Lina sich und lieber nicht die ILK.

Als sie sich schon als Examenskanidatin versichert glaubte, kam ein neuer Brief von der ILK: "Liebe Frau K., wir weisen Sie darauf hin, daß wir sie unter der Voraussetzung bis zur Vollendung ihres 30. Lebensjahres zum bisherigen Studententarif weiterversichern können, wenn Sie Ihren Studiengang gewechselt haben." Der Tag war hart, die Beine taten weh. Nun auch der Kopf. Gewechselt hatte sie ihren Studiengang nicht, doch sie hatte sich vor zwei Jahren zusätzlich in Geschichte immatrikuliert. "Ob ich da nochmal nachfrage?" Sie war sich unschlüssig und hatte eigentlich keine Lust dazu, rief dann aber doch an: "Ja, wenn Sie einen Studiengang haben, in dem Sie noch keine 14 Semester haben, dann versichern wir sie weiter zum alten Tarif von 90 DM.", hörte sie und glaubte ihren Ohren nicht zu trauen.

Lina wußte jetzt Bescheid: Ihre Lieblings-Krankheits-Kasse läßt einfach Informationen weg und drückt sich falsch aus, mit dem Ergebnis, daß eine ganze Menge Leute - und fast auch sie selbst - mehr als das Doppelte zahlen als sie eigentlich müßten. Das Schlimme daran ist, daß es besonders diejenigen trifft, die ohnehin wenig Kohle haben, weil sie - aus Frust, Resignation oder welchen Gründen auch immer - nicht nochmal nachgefragt haben.

q.

Hinweis der Red.: Bei der Sozialberatung des StudentInnenwerkes Oldenburg kann man eine Broschüre "Krankenversicherung für Studierende" erhalten. Sprechzeiten der Beratung sind Di-Do, 11-13.30 Uhr, Raum M3-312, Tel.: 798-2706

1) Der Name der Studentin, der Krankenkasse und des Ortes wurden geändert

2) Die Beträge veriieren von Kasse zu Kasse, stimmen jedoch in der Größenordnung


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