Oldenburger STACHEL Ausgabe 4/98      Seite 5
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Platzverweis und Zwangsgeld

Eine Dokumentation

Stadt Oldenburg (Oldb) - Der Oberbürgermeister

Ordnungsamt, Osterstraße 15

Auskunft erteilt Herr...

Aktenzeichen...

Gegen Postzustellungsurkunde

An....

1. Platzverweis (Aufenthaltsverbot) für das Gebiet der Stadt Oldenburg (Oldb)

2. Androhung von Zwangsgeld

Sehr geehrter Herr ...

1. Aufgrund der §§ 17 Abs. 2, 3 Abs. 1 Nr. 1 Nds. Gefahrenabwehrgesetz (NGefAG) vom 13.04.94 (Nds. GVBl. S. 172 ff.) in der zur Zeit gültigen Fassung wird Ihnen hiermit ein Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Stadt Oldenburg (Oldb) ausgesprochen. Dieses Aufenthaltsverbot gilt bis zum Ablauf von sechs Monaten vom Tage der Bekanntgabe an.

2. Nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichts ordnung (VwGO) wird hiermit die sofortige Vollziehung angeordnet.

3. Aufgrund der §§ 65 Abs. 1 Nr. 2, 67 Abs. 1 NGefAG drohe ich Ihnen für jeden Fall der Nichtbeachtung des Aufenthaltsverbotes ein Zwangsgeld in Höhe von 500,-- DM an. Ich weise darauf hin, daß gem. § 68 Abs. 1 NGefAG das Amtsgericht auf Antrag der Verwaltungsbeh örde Ersatzzwangshaft anordnen kann, sofern das festgesetzte Zwangsgeld uneinbringlich ist.

Begründung zu 1.:

Im Bereich der Stadt Oldenburg (Oldb) hat sich im Laufe der Jahre eine offene Drogenszene - ausgehend vom Marktplatz - entwickelt. Es werden Drogen verabreicht und konmsumiert sowie Kontakte zu Konsumenten oder Verkäufern hergestellt. Es wird somit regelmäßig gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) verstoßen. Diese Verstöße stellen einen Straftatbestand und somit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.

Aus diesem Grunde werden gegen Personen, die im Verdacht stehen, Kontakt zur Drogenszene zu haben, Aufenthaltsverbote ausgesprochen.

Diese Maßnahmen dienen insbesondere dem Schutz von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die durch die Drogenszene besonders gefährdet sein könnten. Des weiteren fühlen sich Anwohner gefährdet, da sie auf ihren Grundstücken ebenfalls Auswirkungen der Szene spüren.

Nur durch längerfristige Aufenthaltsverbote ist eine Reduzierung der Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu erreichen.

Die Auflösung der Drogenszene ist vorrangige Aufgabe der Behörden der Gefahrenabwehr, damit der künftigen Begehung von Straftaten zum Schutze der Jugendlichen, jungen Erwachsenen, Anwohner und Passanten entgegengewirkt werden kann.

(...)

Sie sind am .... 98 erneut wegen Verstoßes gegen das BtMG oder in der Drogenszene bei der Kontaktsuche zu Konsumenten oder Verkäufern harter Drogen angetroffen worden und wie nachstehend aufgeführt von der Polizei gemeldet worden:

(...)

x Kontaktsuche zu Konsumenten von Betäubungsmitteln

Die in der Vergangenheit festgestellten Verstöße gegen das BtMG lassen die polizeiliche Prognose zu, daß Sie sich jetzt erneut im Bereich Innenstadt aufgehalten haben, um Drogenstraftaten zu verabreden oder zu begehen. Eine entsprechende Straftat stand somit bevor.

Da die in der Vergangenheit verfügten Maßnahmen, insbesondere die am ... verfügten Platzverweise zu keiner Verhaltensänderung geführt haben, ist nunmehr ein sechsmonatiges Aufenthaltsverbot erforderlich. (...) Das Aufenthaltsverbot entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach § 4 NGefAG. Es ist geeignet, den Handel und Konsum von Drogen zu verringern. Die Maßnahme ist erforderlich, d.h. sie ist das mildeste mögliche Mittel. Ein Aufenthaltsverbot über einen geringeren Zeitraum würde eine Verhaltensänderung nicht sicherstellen. (...) Das Aufenthaltsverbot ist außerdem angemessen, da der Nachteil, den Sie dadurch erleiden, nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg, Verringerung der Drogenszene im Bereich der Stadt Oldenburg (Oldb), steht. Die Gefährdung besonders geschützter Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit sowie die Rechtssicherheit sind höherrangig zu bewerten als Ihr Interesse am Aufenthalt im Gebiet der Stadt Oldenburg (Oldb).

Begründung zu 2.:

Die sofortige Vollziehung liegt im öffentlichen Interesse, da durch Ihren Aufenthalt die Verletzung der Individualgüter wie Gesundheit, Leben und Eigentum so schwerwiegend ist, daß nicht erst der Abschluß eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens abgewartet werden kann. Aus diesem Grund ist auch eine Anörung nach § 28 VwVfG nicht erforderlich. (...)

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stadt Oldenburg (Oldb), 26105 Oldenburg, Widerspruch erhoben werden.

Ein Widerspruch gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht Oldenburg kann gem. § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig.

Im Auftrage

(Unterschrift)

Kommentar der Redaktion:

Die Oldenburger Drogenpolitik in all ihrer Hilflosigkeit - nach dem kindlichen Prinzip: Was ich nicht mehr sehe, das ist nicht mehr da! Durch Unterbindung von "Kontaktsuche zu Konsumenten von Betäubungsmitteln" auf dem Waffenplatz ist keineswegs die "Gefährdung" von "Leben und Gesundheit" verringert! Andererseits darf die betroffene Person nicht mehr Institutionen wie "YES" oder ein Anwaltsbüro im Bereich der Innenstadt aufsuchen.

Aller Wahrscheinlichkeit nach ahnt das Ordnungsamt schon vorher, daß ein Zwangsgeld von 500 DM bei Drogenabhängigen "uneinbringlich" ist, es sei denn, es wird gedealt oder geraubt. Es handelt sich also um eine Haftandrohung.

Es ist schwierig, gegen einen Bescheid Widerspruch einzulegen, bei dem ein Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat. Ein Antrag auf aufschiebende Wirkung ist inzwischen gestellt, gegen den Bescheid ist Widerspruch erhoben worden. Man darf gespannt sein, auf welche gesetzliche Grundlage sich das Ordnungsamt in dem Verfahren berufen und wie das Gericht die Rechtsmäßigkeit des Platzverweises bewerten wird.


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