Oldenburger STACHEL Ausgabe 5/98      Seite 12
 
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Meldepflicht

Wie die Bundesanstalt für Arbeit verlautbaren ließ, will man die dreimonatige Meldepflicht von Arbeitslosen lockern. Für ältere, kranke und behinderte Arbeitslose sollen längere Fristen bezüglich der Zwangsmeldung als für andere Arbeitslose gelten, deren Leistungen sofort eingestellt werden sollen, wenn sie die Dreimonatsfrist für die Zwangsmeldung versäumt haben. Einzelheiten der geplanten Verordnung sind bisher noch nicht bekannt. Die Bundesanstalt für Arbeit legt in diesem Zusammenhang aber Wert auf die Feststellung, daß aich ältere, kranke und behinderte Arbeitslose dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müssen, damit sie Geld vom Arbeitsamt bekommen.

Bewerbungszwang

Der Direktor des Oldenburger Arbeitsamtes hat in einem Gespräch mit Oldenburger Arbeitslosen, die das Arbeitsamt am 5. und 6.2.98 besetzt hielten, zugesagt, daß das hiesige Arbeitsamt den Bewerbungszwang für Arbeitslose "zurückhaltend" handhaben wolle. Man wolle die Kriterien für einen Nachweis von Eigenbemühungen der Arbeitslosen vorsichtig handhaben, und keine übermäßigen Anforderungen an die Betroffenen stellen. Nur wenn ein Mitarbeiter des Arbeitsamtes den Eindruck habe, daß sich jemand überhaupt nicht bewerbe, wolle man von dem oder der Betreffenden die Vorlage von Bewerbungen verlangen. in der Regel solle dies aber nicht verlangt werden.

Was diese Auskunft ihrer Leitung Wert ist, wird die Praxis des Arbeitsamtes Oldenburg zeigen müssen. Fraglich ist außerdem auch, ob die erhöhten Bewerbungskosten den Betroffenen vollständig erstattet werden, die von solchen Überprüfungen betroffen sind.

Recht auf Waschmaschine für Alleinstehende

Nach der neuesten Rechtsprecheung des OVG Lüneburg haben nun auch alleinstehende SozialhifebezieherInnen ein Anrecht auf eine einmalige Beihilfe für eine Waschmaschine von Sozialamt. Vorraussetzung: Es gibt keine vom Vermieter bereitgestellte Gemeinschaftswaschmaschine oder keinen Waschsalon in in zumutbarer Entfernung. Das Gericht erkennt an, daß es ungefähr ab 1995 (Angaben des Statistischen Jahrbuch von 1996 wurden herangezogen) nicht mehr den Lebensgewohnheiten alleinstehender Bürger mit niedrigen Einkommen entspreche, die gesamten Wäschestücke mit der Hand zu waschen, sondern mit der Waschmaschine. Der notwendige Lebensunterhalt nach §12 BSHG umfasse aber den gesamten zu einem menschenwürdigen Leben erforderlichen Bedarf. Dabei seien auch die herrschenden Lebensgewohnheiten von Bevölkerungsgruppen mit niedrigem Einkommen zu berücksichtigen. Da diese sich gewandelt hätten, sei auch ein Anspruch von alleinstehenden SozialhilfebezieherInnen (unter den genannten Vorraussetzungen) auf eine Waschmaschine entstanden. Das beklagte Sozialamt hatte noch starr an der Überzeugung festgehalten, daß für Einzelpersonen der Besitz einer Waschmaschine nur eine Annehmlichkeit darstelle. Ihnen könnte zugemutet werden, die gesamte Wäsche mit der Hand zu waschen! Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht.

Alleinstehende SozialhilebezieherInnen sollten in ihren Anträgen auf eine einmalige Beihilfe für eine Waschmaschine auf da Urteil verweisen : OVG Lüneburg, Urteil vom 23.4.98 - 4 L 7050/95. Immer Ärger mit der Mietübernahme

Viele SozialhilfebezieherInnen haben bereits ihr "blaues Wunder erlebt, wenn sie aus ihrer alten Wohnung auszogen und eine neue Wohnug anmieteten, ohne das Sozialamt vorher zu informieren. Nach dem Umzug teilte das Sozialamt dann schon mal mit, daß die Miete zu hoch sei, und daß das Sozialmat nur einen Teil der Miete übernimmt. An den Umzug und die Neuanmietung einer Wohnung durch eine/n SozialhifebezieherIn werden vom Sozialamt strenge Maßstäbe angesetzt. Doch auch die Gerichte streiten, wie streng denn der Maßstab wirklich sein soll. Seit dem 1.8.96 gibt es zwar eine Neuregelung im Bundesozialhilfegesetz zum Thema Unterkunftskosten (geregelt im §3 Abs.1 RegelsatzVO), doch die Neuregelung wird u.a. von den beiden aufgeführten Oberverwaltungsge richten einmal "zugunsten" und einmal zuungunsten der Betroffenen ausgelegt. In beiden Fällen hatten die SozialhilfebezieherI nnen das Sozialamt über die Anmietung einer neuen und zu teuren (nach Sozialamtsmaßstaäb en) Wohnung nicht vorab informiert.

Das OVG Berlin ist der Auffassung, daß das Sozialamt in einem solchen Fall die angemessenen (Achtung: aber nicht die vollen) Unterkunftskosten übernehmen muß. (OVG Berlin, Beschluß vom 13.3.97 - OVG 6S9.97)

Das OVG Münster will gegenüber Sozialhilfebez ieherInnen die harte Schiene durchsetzen. Das Gericht kommt zu dem Schluß, daß das Sozialamt überhaupt keine (auch nicht die angemessenen) Unterkunftskosten übernehmen muß, wenn es vorher nicht informiert wurde. (OVG Münster, Beschluß vom 30.9.96-8b 2066/96)

Das Sozialmat Oldenburg orientiert sich zur Zeit an der Rechtsauffassung des OVG Berlin. Das heißt, das Sozialamt übernimmt nur die angemessenen Unterkunftskosten. Daraus ergibt sich schon das nächste Problem, welche Miete gilt nun als angemessen ?

Die Sozialämter sollen dazu den Mietpreisspiegel einer Stadt heranziehen, aber vielerorts, so auch in Oldenburg, gibt es keinen Mietpreisspiegel. In diesen Fällen darf dann, aber eigentlich nur ergänzend, die Wohngeldtabelle (§8 WoGG) herangezogen werden. In Oldenburg wird fast ausschließlich mit der Wohngeldtabelle die angemessene Miete ermittelt.

für die Stadt Oldenburg gelten folgende Mietbegrenzungen, daß heißt, daß diese Unterkunftskosten noch als "sozialhilferechtl ich angemessen" sind:

Für eine alleinstehende Person 545,- DM

Für zwei Personen 705,- DM

Für drei Personen 850,- DM

Für vier Personen 985,- DM

Für fünf Personen 1120,- DM

Für jede weitere Person 135,- DM

In den genannten Mietgrenzen müssen auch die Nebenkosten enthalten sein, nicht aber Strom- und Heizungskosten.

Auf jeden Fall wird es mal wieder nur in begründeten Härtefällen möglich sein, daß bei Neuanmietung einer zu teuren Wohnung und ohne vorherige information des Sozialamtes die tatsächlichge Miete übernommen werden muß. Deshalb: Vor Anmietung einer neuen Wohnung unbedingt abklären, ob die Unterkunftskosten angemessen sind.Ansonsten kann es passieren, daß aus den ohnehin schon kargen Regelsätzen auch noch Anteile der Miete bezahlt werden müssen, weil das Sozialamt nicht die vole Miete übernimmt.

Auto und Sozialhile

Was für andere selbstverständlich ist, gilt für SozialhilebezieherInnen noch lange nicht: nämlich das Recht zu haben, HalterIn eines Autos zu sein, selbst wenn es einen geringen Wert hat. Auch mit diesem Thema Haben sich bereits etliche Gerichte beschäftigt. In einem ganz aktuellem Urteil des OVG Lüneburg wurden folgende Richtlinien festgelegt:

Im konktreten Fall war die Sozialhilfebeziehe rin Besitzerin eines Autos von geringem Wert, auf welches sie nicht zwingend angewiesen ist, z.B. für Fahrten zur Arbeit. Übertragbar ist dieser Fall also auf SozialhilfebezieherI nen, die ein Auto von geringem Wert besitzen (bis 2500,- DM bei Alleinstehenden). Damit stellt das Auto geschütztes Vermögen dar, was nicht erst einmal verwertet werden müßte. Wenn SozialhilfebezieherInnen also ein Auto von geringen Wert besitzen und als FahrzeughalterIn im Fahrzeugschein eingetragen sind, sind trotzdem noch seitens des Sozialamtes Zweifel an der Hilfebedürftig keit angebracht. Das Sozialamt sei berechtigt, so das Gericht, dem Verdacht nachzugehen, der/die SozialhilfebezieherIn verschweige Einkommen oder Vermögen, aus deren Mitteln die Betriebskosten für das Auto finanziert werden. SozialhilfebezieherInnen mpüssen daher bei der Antragstellung oder Überprüfung im laufendem Sozialhilfebezug nachvollziehbar darlegen können, aus welchen Mittelkn die Betriebskosten für das Auto aufgebracht werden. Aus folgenden Mitteln könnte die Autohaltung bestritten werden: Erziehungsgeld, Mehrbedarfszuschläge,wegen Alleinerziehung, Alters oder Erwerbsunfähigke it, Freibetrag von von Erwerbseinkommen. Aber selbst wenn diese Mittel nicht zur Verfügung stehen, könnte dargelegt werden, daß aus dem Regelsatzanteil für die "persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens" die Betribshaltungskosten herausgenemmen werden. Diese Anteil macht 35% des des Gesamtregelsat zes aus, also 188,65 DM fr einen Haushaltsvorstand (in Niedersachsen). Wer glaubhaft machen kann, in diesem Bereich (Möglichkeiten: z.B. Telefon, Zeitschriften, Alkohol, Tabak, fremde Verkehrsleistungen) zu sparen, um eben ein Auto zu halten, hat den Verdac ht ausgeräumt, unwirtschaftlich zu handeln.

Das Sozialamt ist in solchen Fällen nicht berechtigt, die Regelsatzleistungen wegen unwirtschaftlichen Handelns (nach §25 Abs. 2 nr.2 BSHG) zu kürzen. Noch ist es damit befugt, SozialhilfebezieherInnen zu zwingen, das Auto zu verkaufen. (OVG Lüneburg, Beschluß von 12.2.97-4m282/07)

aus Siesta 32, Frühjahr 1998


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