Oldenburger STACHEL Ausgabe 10/98      Seite 14
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Ein Müllionär handelt fair

Sperrgutbasar läßt Müllberge schrumpfen

Endlich! Studieren in Oldenburg. Weg von zuhause, die erste eigene Wohnung, von nun an auf eigenen Füßen stehen... Doch wie erschreckend leer das neue, 20m^2-Zimmer aussieht; auch die bunten Poster an den Wänden bringen's irgendwie nicht. Zugegeben, die Stereo-Anlage hat einen ziemlich guten Sound in diesem hallenden Raum, doch sonst...? Möbel! Was fehlt, sind Möbel. Was noch fehlt, ist das nötige Kleingeld dafür. Wer also nicht den Hauptgewinn im Lotto gezogen hat, wird wohl notgedrungen mit "Jaffa-Möbeln" (Apfelsinenholzkisten) vorlieb nehmen müssen...

Nicht so auf einer kleinen, grünen Insel im schleswig-holsteinischen Nordfriesland. Auf Föhr, genauer in der Stadt Wyk auf Föhr, gibt es seit mehreren Jahren den "Sperrgut-Basar". Das ist eine Einrichtung, bei der sich jedeR mit gebrauchten Möbeln aller Art eindecken und im Gegenzug die eigenen guten, alten, aber eben nicht mehr benutzten Stücke abgeben kann. Auf diese Weise landet Omas altes Sofa doch noch nicht auf dem Müll. Das schlechte Gewissen läßt sich auch hervorragend bereinigen, stellt diese Spende doch eine wahrlich soziale Tat in unserer so egoistischen Gesellschaft dar.

Der Föhrer "Sperrgut-Basar" ist dementsprechend beliebt bei den Einheimischen. Geradezu orientalisch-lebhaft geht es dort während der Öffnungszeiten zu. Da fahren bis zum Bersten vollgestopfte Pkw's vor die Halle und liefern ganze Wohnzimmereinrichtungen an, im Gegenzug werden Fahrradanhänger mit ergatterten schweren Sitzmöbeln, Geschirr und Büchern bepackt,... Alte Leute, junge Menschen, Kinder und Hunde tummeln sich in der 150 m^2 großen Holzhalle auf der Suche nach dem ultimativen Schnäppchen. Kein Wunder, denn im Gegensatz zum orientalisch-lebhaften Basar muß hier nicht um die Ware gefeilscht werden, denn alles ist kostenlos. Außerdem wird die gute Stimmung mit Kaffee und Kuchen der ehrenamtlichen HelferInnen kräftig unterstützt. Alles in allem ist hier einer der beliebtesten sozialen Treffpunkte auf Föhr...

Nun wächst so eine Einrichtung nicht einfach aus dem Boden, sondern sie braucht eineN InitiatorIn. Die Initiatorin des Wyker "Sperrgut-Basars" ist die BUND-Inselgruppe Föhr. Sie ermöglichte es 1995, daß der expandierende "Sperrgut-Basar" aus einem ehemaligen Getreidespeicher einer Wyker Reederei in eine Holzhalle einziehen konnte, die vom Land Schleswig-Holstein und der Stadt Wyk mitfinaziert wurde. Der BUND betreut und organisiert den Basar unter tatkräftiger Mithilfe dreier ehrenamtlicher Helferinnen. Zu ihren Tätigkeiten gehören Terminabsprachen für die Anlieferung bzw. das Abholen besonders sperriger Möbel, die Versorgung in Notfällen mit Möbeln (etwa nach einem Zimmerbrand) oder das Aussortieren von "Ladenhütern". Und natürlich wird Aufklärungsarbeit im Bereich Müllvermeidung geleistet.

Der Aspekt Müllvermeidung war es auch, der zur Einrichtung des "Sperrgut-Basars" motivierte. Er ist eine konsequente Fortführung der Aktion "Föhrer Dosenschwur", die gezielt das Bewußtsein für Müllvermeidung und Wiederverwertung in Gastronomie und Einzelhandel, bei Einheimischen und Feriengästen schärfen wollte.

Der "Sperrgut-Basar" geht dabei beispielhaft voran, haben sich die Sperrmüllberge der Insel in den letzten Jahren doch erheblich verringert, und viele brauchbare Möbel sind eine erheblich längere Nutzung eingegangen. Ein Signal in unserer konsumorientierten Wegwerf-Gesellschaft, das Furore machen sollte.

... der Blick in das frisch bezogene Oldenburger Studi-Zimmer: Es ist immernoch hallend leer. Schade.

Juliane

 

 
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