Oldenburger STACHEL Ausgabe 12/98      Seite 14
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Bündnis für Kinder und Familien

Demos und Gespräche für bessere Kindergärten in KiTas

Anläßlich der vom Land Niedersachsen geplanten Veränderungen im Bereich des Kindertagesstättengesetzes (KiTaG) wurde am 16.11.98 in Oldenburg ein Bündnis für Kinder und Familien gegründet. Diesem Bündnis haben sich unter anderem die Fachberaterinnen der Kindertagesstätten in Oldenburg, der Stadtelternrat, die Berufsverbände ev. und kath. Erziehrerinnen und Sozialpädagoginnen, die ÖTV und diverse freie Träger angeschlossen. Das Oldenburger Bündnis übernahm die Organisation der in Oldenburg geplanten Aktionen zum landesweiten Aktionstag am 30.11.98.

In Oldenburg fanden zwei Aktionen statt. Vormittags demonstrierten in der Oldenburger Innenstadt weit über 1500 Eltern, Kinder und MitarbeiterInnen aus Kindertagesstätten gegen die geplanten Änderungen im Kindertagesstättengesetz. Zu Beginn der Veranstaltung wurde eine Delegation von etwa 60 Leuten durch Herrn Dr. Pöschel und Frau Niggemann empfangen. Die Stadt Oldenburg wurde durch die Delegation aufgefordert, sich als Kommune dafür einzusetzen, daß das KiTaG in seiner jetzigen Form erhalten bleibt. Herr Dr. Pöschel zeigte für das Anliegen der Oldenburger Eltern und MitarbeiterInnen zwar durchaus Verständnis, konnte auch die Empörung verstehen, konnte uns aber leider gleichzeitig nicht versprechen, daß die Stadt Oldenburg sich für den Erhalt des KiTaG einsetzen wird. Wie groß die Empörung in Oldenburg ist, wurde auch anhand der 4500 Unterschriften deutlich, die Herrn Dr. Pöschel zum Abschluß überreicht wurden. Diese wurden innerhalb einer Woche in Oldenburg gesammelt - mittlerweile sind die 6000 überschritten.

Den anschließenden Zug durch die Fußgängerzone begleiteten dann über 40 Oldenburger Kitas. Auch die Oldenburger Fachschule für Sozialpädagogik war durch viele SchülerInnen vertreten. Geht es doch auch um Arbeitsplätze.

Einige Fakten zum Hintergrund der Aufregung:

Seit Dezember 1992 gibt es in Niedersachsen ein Kindertagesstättengesetz, das als nahezu vorbidlich bezeichnet werden kann. In diesem Gesetz werden wichtige Rahmenbedingungen der KiTa's in Niederschsen geregelt. So ist dort z.B. festgeschrieben:

- daß es Höchstzahlen in allen Gruppen gibt (15 Kinder bei 1-3-jährigen, 25 Kinder im Kindergartenalter, 20 Kinder im Hortalter, jeweils pro Gruppe)

- daß bestimmte Raumprogramme erforderlich sind (z.B. Mehrzweckraum bei mehr als 2-grüppigen Einrichtungen, Hausaufgabenraum im Hort etc.)

- daß jede Gruppe von mindestens zwei ausgebildeten Fachkräften zu betreuen ist

- daß jede Kraft eine Verfügungszeit zur Vorbereitung ihrer Arbeit, für die Teilnahme an Dienstbesprechungen, Supervisionssitzungen, für Elterngespräche, Elternabende, Feste und Feiern etc. benötigt (z.Zt. 7.5 Stunden pro Gruppe, die sich die Kolleginnen teilen müssen)

- daß Kitas nicht nur einen Betreuungsauftrag, sondern auch einen Bildungsauftrag haben.

Bei all diesen Dingen ist zu beachten, daß es sich bei den Festschreibungen um Mindeststandards handelt, die aus fachlicher Sicht bei den Kindertagesstätten ständig steigenden Anforderungen an das Personal eigentlich zu erhöhen wären.

Befürchtet wird von den beteiligen Eltern und MitarbeiterInnen, daß ohne die gesetzliche Festlegung dieser Mindeststandards bei den zur Zeit leeren Kassen der Kommunen (bzw. der Prioritätensetzung zugungsten anderer Bereiche als der KiTas) die Verlockung doch sehr groß ist, Standards herabzusetzen. So sieht man die Gefahr, daß Gruppen größer werden, die Kinder nicht emhr unbedingt von zwei Fachkräften betreut werden, die betreuenden Kräfte in Zukunft weniger Verfügungszeit haben werden. Es ist davon auszugehen, daß sich eine Verchlechterung der momentanen Bedingungen direkt auf die Qualität der Arbeit in den KiTas auswirken wird. Dies bedeutet für die Eltern unter Umständen geringere Gegenleitung für ihre Beiträge, für die betroffenen KollegInnnen schlechtere Arbeitsbedingungen, ganz konkret dann auch weniger Geld für die Erfüllung gleich bleibender Aufgaben, wenn Verfügungszeiten gekürzt werden.

Am Abend des 30. fand dann in der Aula der Cecilienschule ÄAchtung, ich denke, es muß Cäcilien heißen. -JoeyÜ eine Podiumsdiskussion mit den beiden Landtagsabgeordneten der SPD, der Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses, und VertreterInnen des Paritätischen als Trägerverband, des Stadtelternrates und der ÖTV statt. Zu dieser Veranstaltung waren gut 600 Interessierte erschienen. Auch hier wurde von Eltern- und TrägervertreterInnen, sowie der Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses und der ÖTV großer Unmut und großes Unverständnis über die Planungen des Landes geäußert. Es wurde einmal mehr deutlich gemacht, daß unter den derzeitigen Anforderungen in KiTas keinerlei Verschlechterungen vertretbar sind. Herrn Wulf und Frau Bockmann gelang es an diesem Abend nicht, das anwesende Publikum davon zu überzeugen, daß sich in Oldenburg wirklich nichts zum Schlechteren verändern wird. Denn warum wird ein bewährtes und innovatives Gesetz außer Kraft gesetzt, wenn nicht aus finanziellen Gründen. Richtlinien und kommunale Vereinbarungen zur Absicherung von Standards helfen da wenig, da sie nicht die Rechtsverbindlichkeit von Gesetzen haben. Es handlet sich dann um freiwillige Leistungen, die wiederum von der Bezirksregierung in Frage gestllt werden können, wenn z.B. der Haushalt wieder einmal nicht genehmigungsfähig ist. Einzig, die Zusicherung von Heike Bockmann, daß in Oldenburg durch die Veränderung im KiTaG kein Arbeitsplatz verloren gehen werde, stellte für die Anwesenden eine klare Aussage dar, auf die man bei gegebenen Anlaß zurückgegriffen wird.

Abschließend kann gesagt werden, daß die Aktionen des 30.11.98 in Oldenburg und landesweit nur ein Auftakt gewesen sein können. Wir müssen uns wohl darauf einstellen, daß wir uns weiter wehren müssen. Auf Landesebene gibt es durchaus Überlegungen, ein Volksbegehren zu initiieren. Das Oldenburger Bündnis wird auf jeden Fall bestehen bleiben.

Kathrin Wiebbeke

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