Oldenburger STACHEL Ausgabe 12/98      Seite 6
 
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Erlebnisreise zur Sonnenfinsternis 1999

Wohl das beeindruckendste Naturschauspiel bietet sich allen, die sich am Mittwoch, dem 11. August 1999, auf einem etwa 100km breiten Streifen zwischen Stuttgart und München aufhalten. Zu Mittag dieses Tages wird dort der Neumond die Sonnenscheibe komplett bedecken. Ein Ereignis, das man seinen Lebtag nicht vergessen wird. Bereits um 11 Uhr beginnt der Mond sich langsam vor die gleißende Sonnenscheibe zu schieben. Es sieht so aus, als habe jemand ein Stück von der Sonne abgebissen. Kurz nach 12 Uhr wird man von der Sonne nur noch eine schmale Sichel sehen können. Es wird zunehmend kälter und Windböen kommen auf. Selbst bei bedecktem Himmel besteht die Chance, daß er aufreißt und den Blick zur Sonne freigibt. Einige Minuten vor der Totalität hat sich der Himmel soweit abgedunkelt, daß die ersten Planeten (Venus) sichtbar werden. Kurz vor der völligen Bedeckung kann man den Mondschatten vom Westen her heranrasen sehen, während die Sichel immer schmaler wird - die Sonnenstrahlen treten bald nur noch durch die Mondtäler am Mondesrand. Sie sieht aus wie eine Perlenschnur. Gleich darauf ist auch sie weg, man steht im Dunkeln und sieht die Korona der Sonne um den Mond herum aufleuchten. Ringsherum sind die Planeten Merkur und Venus zu sehen und Sternbilder, die zu dieser Jahreszeit unbeobachtbar sind (Löwe, Orion und andere Wintersternbilder). Nur am Horizont sieht man Aufhellung. Auch die Tier- und Pflanzenwelt reagiert auf dieses Ereignis: Blumen falten ihre Blütenkelche ein, Vögel suchen Nachtlager auf, Fledermäuse erwachen... Doch schon nach zwei Minuten ist der Zauber vorbei. Ganz plötzlich erscheint wieder die Perlenschnur, die rasch zu einer Sichel heranwächst. Der Monschatten rast davon, es wird hell... Wer diesem Ereignis beiwohnt, wird es sein Leben lang nicht vergessen - garantiert!

Raus in die Natur

Derweil werden "Eclipse-Parties" organisiert. In Stuttgart will man unterm Funkturm ein Riesen-Volksfest veranstalten. Der Teilnahme an solchen Veranstaltungen ist dringend abzuraten. Zu groß ist einfach die Gefahr, daß man just in diesen zwei Minuten seine Bratwurst fallenläßt oder sich mit Katchup einsaut und damit beschäftigt ist, den Schaden zu beheben, was im Dunkeln nicht ganz leicht ist... Zu empfehlen ist dagegen ein Ausflug in die Natur mit Picknickkorb. Nur dort kann man die interessanten Natureffekte wirklich erleben.

100km breiter Streifen

Die totale Finsternis läßt sich erleben in einem etwa 100 km breiten Streifen, der etwa durch folgende Städte begrenzt wird: nördlich: Luxemburg, Kaiserslautern, Linz und südlich: Nancy, Straßburg, Graz. Die genannten Städte sind in der Totalitätszone, also auch z.B. Saarbrücken, Karlsruhe, Stuttgart, Tübingen, Ulm, Augsburg, München, Salzburg. Nicht mehr im Totalitätsbereich liegen z.B. Heidelberg, Mannheim, , Ludwigshafen, Regensburg, Passau, Trier auf der Nordseite und Freiburg (Brsg.), Rottweil, Ebingen, Biberach/Rieß, Memmingen, Kaufbeuren, Schongau, Weilheim (Obay.) und alle, die noch weiter nördlich oder südlich sind. Dort kann man eine partielle Sonnenfinsternis erleben. In Oldenburg beispielsweise wird die Sonne nur zu 88% bedeckt werden - das ist vergleichsweise langweilig, partielle Sonnenfinsternisse gibt es öfter, danach wieder am Samstag, dem 31.5.2003.

Beginnen wird die Finsternis um kurz nach 11 Uhr. Dann beginnt der Mond, sich langsam vor die Sonnenscheibe zu schieben. Die maximale Phase wird zwischen 12 Uhr 30 (Saarbrücken, Emden) und 12 Uhr 40 (Venedig, Salzburg, Chemnitz/Dresden, Potsdam) erreicht werden. Komplett freigegeben hat der Mond die Sonne wieder gegen 14 Uhr.

Seltenheit

Totale Sonnenfinsternisse sind selten von einem Ort aus zu beobachten. Die letzte von Deutschland aus sichtbare war am Freitag, dem 19.8.1887, auf der Linie Leipzig, Magdeburg, Berlin, Frankfurt (Oder) weiter über Polen nach Königsberg. In Berlin verhinderten leider die Wolken den Blick auf die aufgehende Sonne. Die nächste totale Sonnenfinsternis in Deutschland wird in Hamburg beobachtbar sein, aber leider von keinem von unseren LeserInnen. Sie ist am Freitag, dem 7.10.2135. Auch die ringförmige Sonnenfinsternis (hierbei ist der Mond zu klein, um die ganze Sonne abzudecken) in Deutschland werden wohl bestenfalls die Kinder unserer bis jetzt noch kinderlosen LeserInnen in hohem Greisenalter erleben können. Sie ist am Donnerstag, dem 23.7.2093, in Norddeutschland. Wer vorher nochmal eine totale oder ringförmige Sonnenfinsternis erleben möchte, muß reisen: Im August nach Süddeutschland oder in die weite Welt.

Zum Schluß noch ein wichtiger Hinweis: Die Beobachtung der Sonne darf niemals mit optischen Hilfmitteln (Fernrohr) vorgenommen werden, wenn keine Spezialfilter verwendet werden. Auch mit bloßem Auge ist die Beobachtung nicht ganz ungefährlich. Bei Sonnenbrillen und Sonnenfiltern ist darauf zu achten, daß nicht nur das sichtbare Licht herausgefiltert wird, sondern auch Infrarotstrahlung. Empfohlen wird von astronomischen Jahrbüchern, Schweißerglas, Mylarfilter oder Chrom-, Gold- oder Aluminiumbeschichtete planparallele Glasplatten zu verwenden. Filme sollten nicht verwendet werden, da die Silberkörner heutzutage durch Farbstoffe ersetzt wurden. Im nächsten halben Jahr wollen wir weitere und genauere Informationen zur Sonnenfinsternis bringen. Wenn speziellere Fragen dazu auftreten oder jemand eine Sonnenfinsternis bereits erlebt hat, greift zur Feder.

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