Oldenburger STACHEL Ausgabe 12/98      Seite 5
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Kein Platz für Nicht-RaucherInnen und Kinder

im Welthaus-Cafe Tierra

Schade, auch bei der neuesten Institution alternativen politischen Engagements - dem Welthaus mit angeschlossenem Cafe Tierra am Friedensplatz - ist kein Platz für Menschen, die gemütlich Kaffee trinken und Kuchen futtern wollen, und das in einer sauberen Luft, die man atmen kann. Stattdessen ist auch im Cafe Tierra das Rauchen erlaubt, sodaß Kinder, chronisch kranke Menschen und gesundheitsbewußte NichtraucherInnen besser draußen bleiben. (Schade, bei der prinzipiell einmaligen Einrichtung).

So mein erstes frustriertes Fazit nach dem zweiten Besuch des Cafe Tierra im Welthaus Oldenburg. Der erste galt der Eröffnung. Doch auch dort und trotz mehrerer anwesender kleiner Kinder mußte das Nicht-rauchen erst erbeten werden.

Beim zweiten Besuch nach einem Einkaufsbummel rechnete ich dann eigentlich fest damit, das nach der ersten Bitte um Rauch-Stop bei der Eröffnung und aufgrund der Ansprüche der BetreiberInnen des Welthauses auch für das Problem des Rauchens erhöhte Sensibilität besteht, und das Cafe Tierra mittlerweile rauchfreie Zone ist. Da war ich wohl wieder mal zu naiv. Leider war ich nicht in der Stimmung, das länger auszudiskutieren, wer will sich auch dauernd unbeliebt machen. Doch diese Diskussion muß nun folgen. Es muß diskutiert werden, ob nicht zumindest im Welthaus als einer Einrichtung mit einem aufgeklärten kritischen politischen bzw. gesellschaftlichem Anspruch die Belästigung und die wissentliche Gesundheitsgefährdung durch den Zwang zum passiven Mitrauchen unterbleiben soll. Durch ein Rauch- und damit Gästebelästigungsverbot würde zugleich dem eigenen Anspruch nähergekommen, entwicklungspolitisch am Interesse der Länder im Trikont zu arbeiten. Denn Tabak und dessen Nutzung verträgt sich eben in keiner Weise mit entwicklungspolitischem Engagement. Dazu war schon im Stachel 5/6 von 1992 am Ende eines immer noch lesenswerten und informativen Artikels in der Zusammenfassung zu lesen:

"- Tabak verdrängt Grundnahrungsmittel, verbrennt Wälder, macht aus Ackerland Wüste.

- Tabak macht ganze Völker arm.

- Tabak macht süchtig, Tabak macht krank. Der Zigarettengenuß ist eine der Haupttodesursachen auf der Welt.

- Und das Rauchen selbst ist eine gesellschaftliche Krankheit: Das halbe Volk betäubt sich, die Konzerne verdienen, der Staat vermittelt" (Stachel, 5/6 von 1992, S. 5).

Leider kann ich mir die Reaktionen auf diese Zeilen gut vorstellen. Die RaucherInnen reagieren genervt, weil man Ihnen ja ein Objekt von Gemütlichkeit beim Kaffee (oder sonst was) im Welthaus nimmt. Die NichtraucherInnen teilen sich in die immer noch zu große Menge derjenigen, die sich scheinbar nicht gestört fühlen oder zwar von den giftigen und (erwiesenermaßen) krebserregenden Stoffen im - zudem stinkenden - Qualm genervt sind, aber nichts sagen, um das Zusammensein mit rauchenden Bekannten nicht zu stören bzw. gar mit den eigenen Bekannten ein leidiges Thema konfliktreich austragen zu müssen. Einige Menschen werden wegbleiben, weil sie auf der einen Seite nicht bereit sind, zu akzeptieren, daß sich einige Menschen in ihrer Nähe das Recht herausnehmen, sie zu stören und zu gefährden, sie aber auf der anderen Seite durch bisherige Erfahrungen der oft erlebten Intoleranz von RaucherInnen keine Hoffnung mehr auf einen Rauchverzicht haben. (Ps:: Der Umsatz bleibt natürlich auch weg). An dieser Stelle wird der Vorwurf der Intoleranz oft an die NichtraucherInnen zurückgegeben. Deshalb sei hier klar gestellt. Nicht diejenigen, die die Bitte nach Rauchfreien Zonen äußern, sollten sich rechtfertigen müssen, sondern die Menschen, die anderen ihren giftigen Qualm in die Nase pusten. So einfach ist die Diskussion. Diese Tatsache alleine sollte in Zukunft ausreichen, öffentliche Räume wie z.B. ein Cafe zu rauchfreien Zonen zu machen, in denen sich Menschen ungestört aufhalten können.

Ich erhoffe mir deshalb, daß die Verantwortlichen im Welthaus das Cafe Tierra zu einem Ort machen, an dem Menschen mit Kindern bzw. alle sonstigen NichtraucherInnen (aus welchen Gründen auch immer) ungestört von giftiger und stinkender Luft eine gemütliche Kaffee- oder Teestunde verbringen und damit ihren Anteil an der Unterstützung dieses guten Projektes beitragen können.

Nicht zuletzt wird damit auch die Situation abgestellt, daß KundInnen des Eine-Welt-Ladens über dem Cafe Tierra durch ein verräuchertes Cafe zum einkaufen müssen und/oder gar der Laden oben selbst durch die Rauchschwaden von unten vollgequalmt wird.

Die Aufteilung des kleinen! Cafes in eine Rauch- und eine Nichtrauch-Ecke, von der im letzten Stachel im Artikel über die Welthaus-Eröffnung berichtet wurde, kann ich nur als schlechten Scherz empfinden. Die verqualmte Luft macht nicht vor der Nichtrauch-Ecke Halt, das ganze Cafe wird schnell verqualmt sein. Nein. Aufgrund der Gesundheitsgefährdung und der Belästigung kann es im Blick auf ein solidarisches Miteinander nur eine Lösung geben: Das Welthaus-Cafe-Tierra wird rauchfrei, und damit Vorbild für andere Einrichtungen; hoffentlich!

Hinrich

 

 
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