Oldenburger STACHEL      
   

"I'm travelling with you"

Bobo in White Wooden Houses

Das Licht geht aus und die Bühne im Wilhelmshavener Pumpwerk wird von einem nebulösen Orange umhüllt, dazu ertönt der Klang eines Streichorchesters. Die Zuschauer tauchen ein in die mystischen Klänge von "Cosmic Ceiling". Während der letzten Takte schleichen sich die Bandmitglieder auf die Bühne hinter ihre Instrumente. Zuletzt erscheint unter gutem Applaus auch Bobolina.

Nachdem die Streicher gerade verklungen sind, fängt ein Schlagzeuger an seinen Instrumenten exotische Klänge zu entlocken. Durch die übliche Bandbesetzung (Gitarre, Baß, Keyboard und Schlagzeug) werden diese noch unterstützt. Auch Bobo selbst greift zu ihrer Akkustikgitarre und als sie ihre Stimme erhebt, weiß man wieder, warum man hier sitzt.

Doch die Lieder sind ungewöhnlich. Während Bobolinas außergewöhnliche Stimme in ihrem '91er Debütalbum "Bobo in White Wooden Houses" und dem '93 anschließenden Album "Passing Stranger" noch im Vordergrund stand und die Instrumente nur Begleitung waren, steht die Stimme hier gleichberechtigt neben den Instrumenten. Auch der Stil hat sich von ansprechendem Folkpop zu einer Mischung aus Elektronik-Pop und einer Art Independent gewandelt.

Live wurden die Lieder härter gespielt als auf dem aktuellen Album. Man merkt eindeutig, daß Bobo angefangen hat zu experimentieren. Selten hört man sonst eine Rohrflöte, die von australischen Ureinwohnern gespielt wurde. Aber nicht nur ungewöhnliche Instrumente, sondern auch unterschiedliche Musikstile hat sie miteinander gemischt. So fühlt man sich einen Augenblick an Grunge, dann an Rave und Trance mit einem Spritzer Techno oder an The Cure, Levellers, Depeche Mode oder Marusha erinnert.

Diese Mischung und vor allem aber ihre außergewöhnliche Stimme verleihen der Musik das Besondere. Was die Stimme gerade bei langsameren Stücken nicht ausdrücken kann oder will, das wird durch interessante bildererzeugende Begleitung erreicht, unterstützt von eindrucksvollem Lichtspiel.

Während das Publikum, das diesmal auch nicht so zahlreich erschienen ist wie in der Vergangenheit, noch zögert sich von der Musik verzaubern zu lassen, läßt Bobo keinen Zweifel daran. Ausgelassen genießt sie die instrumentale Musik, die ihre begeisterte Band spielt.

Nach einigen neuen Liedern kamen die von vielen Fans erwarteten "alten Sachen", wie Bobo sie selbst bezeichnete. Doch so alt und vertraut klangen sie garnicht. Die Melodien sind zwar die gleichen geblieben, aber die Band hat sich die Freiheit genommen, die Musik dem neuen Stil anzupassen.

Nach etwas mehr als einer Stunde, als das Publikum gerade warmgeworden ist, verabschiedet sich die Sängerin. Zu einem Teil ist das auf ihre Erkältung zurückzuführen, denn sie wollte das Konzert nicht ausfallen lassen. Nichtsdestotrotz war die Stimmung groß genug für mehrere Zugaben. Eingeleitet von einer hervorragend gespielten afrikanischen Trommel, begann sie wieder zu singen. Anschließend folgte noch ihre aktuelle Singleauskopplung "Travel in my mind".

Mit einer eindrucksvollen und eher lustigen Interepretation von "Troublesome Desire" aus ihrem ersten Album beendet Bobo das Konzert nach knapp 90 Minuten. Sie singt, begleitet von drei Trommeln und zwei Rasseln, die von den restlichen Bandmitgliedern gespielt werden.

Mit ihrem neuen Album und diesem Konzert hat Bobo ganz neue Akzente gesetzt -- sowohl mit den neuen als auch mit den alten Stücken. Viele Fans der ersten beiden Alben wurden allerdings sichtlich enttäuscht. Wem jedoch ihre neuen Stücke gefallen oder wer sich auf ihre Experimente einläßt, der hat ein eindrucksvolles, aber kurzes Konzert erlebt.

Wischi


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