Oldenburger STACHEL      
   

Kein Recht auf Leben in der BRD

Zum System der Abschottung, Abschreckung, Abschiebung

Am Ende eines Asylverfahrens, bzw. am Ende des Verwaltungsverfahrens im Ausländerrecht, bei dem es um die Frage einer Berechtigung zum Verbleib in der BRD geht, steht die behördliche Ausreiseaufforderung, die mit einer Abschiebeandrohung verbunden ist. Wird diese behördliche Verfügung bestandskräftig, so ist die betroffene Person aufgefordert, binnen einer bestimmten Frist die BRD zu verlassen. Wird dies unterlassen, wird diese Verpflichtung zwangsweise vom Staat, nämlich durch Abschiebung der/des Betreffenden in das jeweilige Herkunftsland, umgesetzt.

Die Ausländerbehörden - insbesondere die in den ZASten - verwenden mittlerweile Formulare, die Asylsuchende bei der Aushändigung der ablehnenden Entscheidung über ihren Asylantrag unterschreiben müssen. Dort haben sie die Möglichkeit entweder anzukreuzen , freiwillig das Land zu verlassen oder ein Kreuz zu machen: ,Ich bin in keinem Fall bereit, freiwillig auszureisen". So wird den Betroffenen eine Intention unterstellt, die sie meist gar nicht haben. Wer nicht bereit ist freiwillig auszureisen, riskiert Abschiebehaft!

Wenn jemand ankreuzt, das Land freiwillig zu verlassen, kann sich das ebenfalls negativ auf den weiteren Verlauf des Asylverfahrens auswirken, weil es einen scheinbaren Widerspruch zur Verfolgung im Heimatland darstellt.

Durch die drohende Abschiebehaft werden viele Menschen in die Illegalität gedrängt. Auch in Oldenburg tauchen monatlich mehr Menschen unter, als zwangsweise abgeschoben werden.

Abschiebehaft fügt sich nahtlos ein in die allgemeine Tendenz, Asylsuchende und andere MigrantInnen, wegen ihres Wunsches, in der BRD Aufenthalt zu nehmen, zu kriminalisieren. Die meisten können ihren Wunsch aufgrund der Gesetzeslage allerdings gar nicht ausdrücken, weil sie die BRD nie erreichen. Die Abschiebehaft ist der konsequente Endpunkt dieser Politik, die es MigrantInnen unmöglich macht zu kommen und versucht, diejenigen, die es bis in die BRD geschafft haben, möglichst schnell wieder loszuwerden.

Zwischen 1990 und 1993 haben sich die ,Abschiebungszahlen" in Niedersachsen von 506 auf 3888 erhöht und damit fast verachtfacht! Zwar ist die Zahl der aus Niedersachsen durchgeführten Abschiebungen im Jahr 1994 wieder leicht gesunken (auf 3215), dennoch drückt sich in diesen Zahlen eine Verhärtung und Brutalisierung der bundesdeutschen Flüchtlingspolitik aus.

1994 wurden aus Niedersachsen annähernd doppelt so viele Flüchtende abgeschoben wie aus dem für seine finstere Flüchtlingspolitik berüchtigten Bayern. Seit Inkrafttreten des neuen Asylgesetzes sind 15 Fälle bekannt geworden, in denen sich Flüchtende in Abschiebehaft das Leben genommen haben!

Hunderte von Flüchtenden werden allein in Niedersachsen inhaftiert (1994 saßen durchschnittlich pro Monat 224 Menschen in niedersächsischen Knästen). Die durchschnittliche Haftdauer beträgt zwei bis drei Monate; manche Flüchtende bleiben nur wenige Tage oder Stunden, andere 18 Monate _

Die nahezu unbeschränkte Machtbefugnis der Ausländerbehörden zur Inhaftnahme von Flüchtenden, ist in õ57 Ausländergesetz (AuslG) festgeschrieben: Gemäß õ57 Abs. 2 AuslG ist eine Flüchtende bzw. ein Flüchtender ,zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1. der Ausländer aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist, 2. die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort gewechselt hat, ohne der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist, 3. er aus von ihm zu vertretenden Gründen zu einem für die Abschiebung angekündigten Termin nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, 4. er sich in sonstiger Weise der Abschiebung entzogen hat oder 5. der begründete Verdacht besteht, daß er sich der Abschiebung entziehen will."

Vorgaben dafür, was z. B. einen solchen Verdacht begründen kann und was nicht, fehlen im Gesetz. Letztlich kann die Ausländerbehörde mithin jedeN ausreisepflichtigeN FlüchtendeN in Haft nehmen!

Die richterliche Anordnung, also der ,Anh"rungstermin" beim Amtsgericht, ist eine Farce, hier findet keine Einzelfallprüfung mehr statt, denn die Vordrucke für eine Inhaftnahme liegen dem/der RichterIn bereits vor und müssen lediglich von ihm/ihr abgezeichnet werden. Deutsche Unrechtsjustiz. Schwer zu kontrollieren. Praxis auch in Oldenburg.

Initiative für offene Grenzen


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