Oldenburger STACHEL      
   

Der Ökozid im Niger-Delta

"Die Früchte, die jedes Jahr während der Regenzeit an diesem Baum wuchsen, waren anders als alle Mangofrüchte in der Stadt. Sie hatten einen leicht öligen Geschmack, der ihnen den Namen "Kerosin- Mangos" einbrachte. Wir schlugen unsere scharfen, hungrigen Zähne in das gelblich-blaue Fleisch und kämpften mit unvorsichtigen Fliegen um den zuckersüßen, klebrigen Saft, der unsere gierigen Backen heruntertropfte." (Aus Biyi Bandele-Thomas Buch: Kerosin Mangos)

Die Wirtschaft Nigerias hängt am Öl

1956 war das Konsortium der Shell-BP im Nigerdelta das erste Mal auf nennenswerte Ölquellen gestoßen. In den nachfolgenden Jahren wurden allerdings nur geringfügige Mengen an Rohöl zu Tage gefördert. Noch bis zum Bürgerkrieg 1967 (Biafra-Krieg) lag der Anteil der Ölproduktion an den Exporterlösen bei ca. 30%. Der eigentliche Ölboom setzte in den 70er Jahren ein, denn nun stieg der Anteil der Exporterlöse des Öls in wenigen Jahren auf 90%. Dies führte dazu, das sich die nigerianische Wirtschaft und mit ihr die staatlichen Strukturen auf den Export von Öl ausrichteten. Lag der Hauptteil der Exporte in den vorangegangenen Jahren noch auf dem Agrarsektor fand nun eine Verschiebung auf die Förderung von Rohöl statt, so daß letztlich sogar Agrarprodukte importiert werden mußten. Zu der Schwächung der nigerianischen Landwirtschaft kam die ökologische Zerstörung in den Ölfördergebieten hinzu.

Der Kampf der Ogoni

Eine der Hauptregionen in denen Öl gefördert wird, liegt im Südosten Nigerias im Niger-Delta. Hier leben die Ogoni, deren Lebensgrundlage durch die Erdölförderung zerstört wird. Ken Saro-Wiwa der am 10.11.95 mit 9 Mitstreitern vom nigerianischen Regime Hingerichtet worden ist, stammt aus dieser Ethnie. Sein Kampf war gegen die ökologische Zerstörung der Lebensgrundlagen und die soziale Vernachläßigung der Ogonis gerichtet. Seit 1973 also schon zu beginn des Öl-Booms protestiert er gegen die Umweltzerstörung durch die Ölmultis. 1990 gründete er die MOSOP (Movement for the Survival of the Ogoni People), sie setzt sich gegen den "ökologischen Krieg", der Ölgesellschaften zu wehr. Der kontinuierlichen Zerstörung der Lebensgrundlagen der Ogoni stehen nicht einmal die Zahlung von Kompenmsationsleistungen gegenüber. Auch gibt es in der Region weder Elektrizitätsleitungen für die Bewohner noch ausreichende ärtztliche Versorgung oder schulische Bildung. Die infrastrukturelle Versorgung der Region ist auf die Ölförderanlagen ausgerichtet aber nicht für die zwischen den Öl leckenden Piplines lebenden Bewohner gedacht.

Repression gegen die Ogonis

In Folge dieser Situation kam es zu mehreren Demonstrationen und Protesten gegen die Ölgesellschaften und ihre Schutzpatronin (das nigerianische Regime) von seiten der Ogoni. Am 31. Oktober 1990 kam es bei einer Demonstration gegen die Shell Ölgesellschaft zu gewaltsamen Unterdrückung der Proteste. Ein Vertreter von Shell, der sich durch die Demonstration bedroht sah, startete einen Hilferuf an den Militärgouverneur um die "Ordnung wiederherzustellen". Daraufhin kam am nächsten Morgen verstärkte Polizeikommando mit Panzerwagen, Maschinengewehren, Granaten und Tränengaswerfern. Diese gingen sogleich ans Werk die "Ordnung" wiederherrzustellen, sie Zerstörten 495 Häuser der Bewohner und töteten mindestens 41 Menschen (Quelle Überblick 1/94). Dies sollte nicht der einzige versuch der Unterdrückung des Widerstandes der Ogonis sein, deren geschlossenheit durch die Demonstaration von 4. Januar 1993 imposant demonstriert wurde. Denn von den insgesamt 500000 Ogonis nahmen 300000 an einer Demonstration gegen die Zerstörung ihrer Umwelt durch die Ölkonzerne teil. Doch auch weitere Übergriffe durch die Polizeikräfte blieben bei anderen Demonstrationen nicht aus, so kam es am 30 April und 4. Mai 1993 wieder zu 2 Toten und 10 Verwundeten, sowie mehreren Verhaftungen. Mitte Juli 1993 kam es dann zu ethnisch motivierten Gewaltausbrüchen zwischen den Ogoni und den Andoni ihren unmittelbaren Nachbarn. In deren Folge wurden 1000 Menschen getötet und über 30000 Vertrieben. Es wird vermutet, daß die Adoni, die keine größeren Streitigkeiten mit den Ogonie hatten, zu diesen Auseinandersetzungen von der Regierung und den Ölgesellschaften angestiftet worden sind. Diese Repressionsgeschichte gegen die Ogoni setzt sich bis heute fort, einen derzeitigen symbolischen Höhepunkt bildet die Ermordung Ken Saro-Wiwas und 9 seiner Mitstreiter durch das nigerianische Regime.

Der Prozeß gegen Ken Saro-Wiwa

Die "Legitimierung" dieser Morde zog die Regierung aus einer konstruierten Mordanklage. Am 21 Mai 94 wurden vier Ogoni Führer die mit der Regierung kolaboriert hatten ermordet. Diese Tat legte man nun Ken Saro-Wiwa und 4 weiteren Mitstreitern zu last. hierfür tagte ein eigens geschaffenes Tribunal unter Ausschluß der Öffentlichkeit um die Widerständler abzuurteilen. Das Gericht war von vornherein auf Aburteilung angelegt, zwei Belastungszeugen die Ausgesagt hatten schworen hernach, daß ihre Anschuldigungen falsch und durch Bestechung erlangt wurden. Das Tribunal blieb ungerührt von solchen Nebensächlichkeiten. Die Verteidiger der Angeklagten gaben schließlich unter Protest ihr Mandat ab.

Shell to Hell

Die "stille Diplomatie" auf die mehrere Staaten gesetzt hatten konnte das nigerianische Regime nicht von den Morden abhalten, und wie in einem Interview des Observers mit dem Bruder Ken Saro-Wiwas deutlich wird wollte auch Shell das Leben der Widerständigen nur dann schonen, wenn die Ogoni ihre Proteste gegen Shell einstellen. Sich also Widerstandslos in den gegen sie betriebenen Ökozid ergeben. Es ist an dieser Stelle noch einmal hervorzuheben, daß der Ölmulti die Macht zur Verhinderung der Morde gehabt hätte. Wirtschaftliche Interessen und moralische Werte stehen sich hier wieder einmal diametral gegenüber und Rechtvertigen den Schluß, daß ein Shell Boykott angesichts dieses Unrechtes notwendig ist.

Solidarität ist nötig

Amnesty International berichtet außerdenm von weiteren 17 Inhaftierten die seit Mitte 94 eingeknastet sind auch ihnen sollte unserer Intresse gelten, daß sie nicht auf die gleiche Weise Umgebracht werden wie ihre Vorgänger. Es ist öffentlicher Drucki nötig! In Oldenburg hat sich eine Gruppe gebildet, die sich dieses zu Aufgabe gesetzt hat. Sie trifft sich vorläufig jeden Dienstag um 14 Uhr im "Dritte Welt" Zentrum in der Auguststraße 50. Telefon: 0441/776777


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