Oldenburger STACHEL Ausgabe 2/98      Seite 7
 
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Radio-Frequenzen für Oldenburg

zu "Bürger der Welt, vereinigt Euch!"

STACHEL 3/97, S. 16

In dem Artikel von Herrn Ulrich Hartig wird an Hand von Zitaten aus dem Buch "Weltstaat und Weltbürgerbewußtsein" von Herrn Ernst Heinrichsohn dargelegt, daß:

  • Herr Heinrichsohn "die Freiheit der Vermehrung in den Entwicklungsländern" einschränken will.
  • Herrn Heinrichsohn der Ansicht ist, daß die Machtverhältnisse in der UNO nicht in dem Sinne geändert werden dürfen, daß die bevölkerungsreichsten Länder die größte Macht haben.

An Hand dieser und ähnlicher Aussagen könnte der Eindruck entstehen, Herr Heinrichsohn möchte eine Dominanz der westlichen Industrieländer über den unterentwickelten Rest der Welt. So einfach liegen die Dinge aber nicht. Herr Heinrichsohn ist ein Idealist und Menschenfreund, der das Wohl der gesamten Menschheit im Auge hat. Ihn bedrückt es, daß die Menschheit sich in Kriegen zerfleischt und nach wie vor am Abgrund der Selbstzerstörung steht. Deshalb hat er auch den Gedanken eines demokratisch legitimierten und föderativ aufgebauten Weltstaates entwickelt. Um diesen Gedanken populär zu machen, hat er viel Geld und unzählige Stunden seiner Freizeit geopfert.

Ich weiß nicht, ob Herr Heinrichsohn das Interview von Altbundeskanzler Helmut Schmidt in dem Magazin GEO Extra vom Januar 1995 gelesen hat, wo Helmut Schmidt sagt: "Die Hoffnung von Idealisten auf eine Weltregierung ist abwegig. Oder können Sie sich vorstellen, daß 250 Millionen Amerikaner und 370 Millionen Europäer sich einer Weltregierung unterwerfen, die im wesentlichen aus Asiaten und Amerikanem zusammengesetzt ist?"

Die Furcht vor diesem Argument war es wohl, die Herrn Heinrichsohn veranlaßt hat, dafür einzutreten, daß die Dominanz der westlichen Industrieländer in der UNO weiter - wenn auch in abgeschwächter Fonn - gewahrt wird.

Schauen wir uns doch einmal die UNO in ihrer heutigen Form an·. Das beherrschende Gremium der UNO ist der Weltsicherheitsrat, und hier wiederum dominieren die fünf Vetomächte USA, Rußland, England, Frankreich und China. Vier vetoberechtigte Angehörige der weißen Rasse sitzen einem chinesischen Vetoberechtigten gegenüber. Die Afrikaner sind überhaupt nicht vetoberechtigt, ebenso wenig die Inder, oder die brasilianischen Indios oder die Araber. Konfessionsmäßig sieht es nicht besser aus: Vier Christen und ein Marxist. Moslems und Buddhisten sind nicht vertreten. Das ist doch alles andere als "politisch korrekt"! Wo sind aber die so sehr für die "political correctness" streitenden Organisationen, wenn es darum geht, eine Reform der UNO zu fordern?

Um zum Thema "Begrenzung der Bevölkerungsexplosion in den Entwicklungsländern" zu kommen: Herr Heinrichsohn befindet sich mit seinen Forderungen in bester Gesellschaft. Wieder kann ich Helmut Schmidt zitieren (aus einem Dialog mit dem Klimaforscher Prof. Hartmut Graßl): Die Bevölkerungsexplosion ist für ihn "ein Grund zur tiefen Besorgnis, weil die enorme Zunahme an Menschenmasse im wesentlichen in der sogenannten Dritten Welt stattfindet, das heißt in den armen Ländern. Und da ist dann nicht genügend Ernährungsgrundlage, in andern Fällen ist nicht genug Platz, um überhaupt zu wohnen ... Das wird zu Wanderungen führen; und die Wanderungsbewegungen werden zu Kriegen führen, zu bewaffneten Konflikten. Deswegen stelle ich mir vor, daß wir die Menschheit dazu bringen müssen, Familienplanung zu betreiben."

Helmut Schmidt schlägt dann einen Vertrag zwischen den Industrieländem und den Entwicklungsländern vor: Die Industrieländer sollen sich verpflichten, die Umwelt weniger zu vergiften und weniger fossile Brennstoffe zu verbrauchen, und die Entwicklungsländer sollen sich vepflichten, ihr Bevölkerungswachstum zu kontrollieren. Und jetzt frage ich ganz im Sinne von Herrn Heinrichsohn: "Wer soll die Einhaltung solcher Verträge überwachen? Vor welchem Gericht sollen die vertragsbrüchigen Partner angeklagt werden? Welche Exekutive soll die vertragsbrüchige Partei durch Sanktionen zur Vertragstreue zwingen?" Dasselbe Problem stellt sich übrigens bei jedem Abrüstungsvertrag.

Die Antwort auf diese Fragen kann nur sein: Wir benötigen eine Weltgerichtsbarkeit. Aber was ist ein Gericht wert, dessen Urteile nicht vollstreckt werden, weil es keine Exekutive gibt? Und was ist eine Exekutive wert, die nicht demokratisch gewählt und kontrolliert wird? Also brauchen wir ein Weltparlament, das eine Weltregierung wählt. Aber was ist ein Weltparlament wert, das an keine Verfassung gebunden ist? Also brauchen wir eine Weltverfassung.

Recht hat er, der Herr Heinrichsohn! Und wenn Herr Ulrich Hartig von der Interkulturellen Arbeitstelle e. V. darauf achtet, daß alles politisch korrekt zugeht, soll mir das nur recht sein. Nur auf eines möchte ich drängen: Es muß bald gehandelt werden, bevor die Probleme: so groß sind, daß sie nicht mehr gelöst werden können.

Ich bin Mitglied folgender Weltbürgervereine und -Organisationen: Weltbürgervereinigung in Oldenburg, Weltföderalisten Deutschlands e.V (Hamburg), World Federalist Movement Germany (Frankfurt), Weltbürgerinitiative (Trier), Vereinigung der Weltföderalisten der Schweiz (Bem), World Federalist Movement (New York), World Govemment Institule (Toshio Suzuki/Japan)

Richard Beiderbeck

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